Epidemiologe Marcel Salathé
«Dass neue Varianten auftauchen, ist fast garantiert»

Für Corona-Verschärfungen ist es schon zu spät, findet Epidemiologe Marcel Salathé. Er fordert einen Krisenstab, der die Koordination verbessert.
Publiziert: 31.12.2021 um 14:59 Uhr
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Aktualisiert: 01.01.2022 um 07:10 Uhr
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Für Epidemiologe Marcel Salathé ist es für neue Massnahmen längst zu spät.
Foto: Lundi 13

Wieder bringt Corona das Gesundheitssystem an die Belastungsgrenze, wieder wird diskutiert, ob Schliessungen nötig sind. Für den Epidemiologen Marcel Salathé (46) ist es ärgerlich, dass erst jetzt über Notbremsen gesprochen werde. «Es ist der komplett falsche Zeitpunkt, um darüber zu diskutieren. Das ist, wie wenn man erst im Alter beginnt, sich um die Altersvorsorge zu kümmern», sagt er im Interview mit dem «Tagesanzeiger». Dann sei es schlicht und einfach zu spät.

Natürlich könne der Bundesrat immer noch die Notbremse ziehen, doch neue Massnahmen würden erst mit Verspätung greifen. Von einem kurzfristigen Verbot von Silvesterpartys hält er nichts. «Ob ein Verbot von 2-G-plus-Partys in Clubs jetzt noch wahnsinnig viel dazu beiträgt, eine Überlastung des Systems abzudämpfen, ist fraglich.»

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Krisenstab gefordert

Die Schweiz brauche einen Krisenstab, der dafür sorge, dass die operative Koordination schneller und besser funktioniert. Inzwischen habe man «feinere Werkzeuge» als noch wie zu Beginn der Pandemie alles zu schliessen. Salathé nennt etwa das Boostern und Schnelltests, aber auch das digital unterstützte Contact Tracing.

Im besten Fall würden die Fallzahlen wegen Omikron zwar schnell steigen, aber auch wie in Südafrika schnell wieder sinken. Oder aber der Anstieg halte an und das Gesundheitssystem leide noch viel stärker. «Welches Szenario eintrifft, ist schwierig einzuschätzen.»

Medikament könnte «Gamechanger» sein

Langfristig hält es der Epidemiologe für möglich, dass nach der Omikron-Welle eine Phase der Saisonalität komme. «Die Sommerjahreshälfte wäre recht ruhig, im Winter würden die Zahlen wie bei der saisonalen Grippe wieder steigen.» Das allerdings unter dem Vorbehalt, dass neue Mutationen wieder alles durcheinanderbringen könnten.

«Dass neue Varianten auftauchen, ist fast garantiert», so Salathé. Doch wie ansteckend und gefährlich sie sein werden, lasse sich nicht voraussagen.

Hoffnung für die Zukunft gibt dem Forscher ihm die Wissenschaft – zum Beispiel das neue Medikament Paxlovid von Pfizer. «Können dank ihm schwere Verläufe verhindert werden, ist das ein echter Gamechanger.» (gbl)

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