Roger Köppel (56) ist für seine scharfen Worte bekannt. Die jüngste Zielscheibe des SVP-Nationalrates und «Weltwoche»-Chefredaktors erstaunt aber. Es ist Ueli Maurer (70), Finanzminister und notabene Bundesrat der eigenen Partei.
Dieser ist gerade aus Venedig zurückgekehrt. Dort war er nicht etwa für einen Ferienaufenthalt. In der italienischen Lagunenstadt tagte letzte Woche die G20 – die Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer – und beriet sich über die Fortführung der soeben beschlossenen globalen Steuerreform. Ist der Umsatz grösser als 750 Millionen Euro pro Jahr, liegt der Steuersatz bei 15 Prozent. Weltweit.
«Widmer-Schlumpf 2.0»
Die Schweiz ist nicht Teil dieses exklusiven Klubs, trotzdem war Maurer ebenfalls am Treffen anwesend. Die Haltung, die der Finanzminister dort einnahm, geht Köppel gehörig gegen den Strich. Maurer ist zwar durchaus kritisch ob der Steuerangleichung für die grössten Unternehmen. Er lehnt sie aber nicht kategorisch ab.
Maurer verrate die Unabhängigkeit der Schweiz, womit er in seinem Kernauftrag versage, zitiert die «Schweiz am Wochenende» Köppel. Weiter wettert er gegen seinen Parteikollegen, er sei eine «Widmer-Schlumpf 2.0». Die alt Bundesrätin hatte einst dem Informationsaustausch zugestimmt und damit das Ende des Bankgeheimnisses eingeläutet.
Die Attacke kommt, obwohl Maurer keineswegs den Vorschlag in den Himmel jubelt. Er stellt aber klar, dass sich die internationale Steuerreform nicht verhindern lasse. Arbeite die Schweiz beim Projekt mit, könne sie bei der genauen Ausführung wenigstens noch einen gewissen Einfluss walten lassen.
Sieben Länder sagen Nein
Denn nicht nur Schweizer Politiker sind der neuen Steuerreform gegenüber kritisch eingestellt. Gleich sieben Länder lehnen die Steuerreform gänzlich ab. Darunter die EU-Mitglieder Irland, Estland und Ungarn. In Zusammenarbeit mit ihnen liesse sich die Reform durchaus abschwächen, glaubt Maurer.
Trotzdem hagelt es weitere Kritik aus der Reihen von Maurers eigener Partei. SVP-Nationalrat Rino Büchel (55) sagt in der «Schweiz am Wochenende»: «Wenn sieben Länder Nein gesagt haben zu dieser Angleichung, hätte ein achtes Nein von der Schweiz sicher nicht geschadet.»
Selbst SVP-Präsident Marco Chiesa (46) ist mit den Aussagen seines Bundesrates nicht glücklich. Findet aber mit Verweis auf das Kollegialitätsprinzip teilweise Verständnis für sein Handeln. «Maurer hat im Bundesrat eine eigene Rolle. An seiner Verbundenheit zu den Grundsätzen der SVP und der Souveränität der Schweiz gibt es aber keine Zweifel.» (ste)