Doch profitiert auch der Mittelstand?
Die Schweizer werden immer reicher

Anders als die Einkommen sind die Vermögen sehr ungleich verteilt. Doch auch der Mittelstand hat profitiert.
Publiziert: 06.04.2024 um 18:35 Uhr
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Aktualisiert: 08.04.2024 um 11:42 Uhr
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Die Vorsorgegelder und Wohneigentum machen einen Grossteil der Vermögen aus, auch beim Mittelstand: Passanten beim Shopping in Zürich.
Foto: Keystone
Peter Rohner
Peter Rohner
Handelszeitung

Im Gegensatz zum Einkommen ist die Entwicklung der Vermögensungleichheit in der Schweiz schwierig zu messen. Dies, weil die Pensionskassenvermögen nicht steuerpflichtig sind und nicht in den Statistiken auftauchen. Und wenig ist das nicht: Insgesamt schlummern in der privaten Vorsorge 1200 Milliarden Franken.

Gut dokumentiert ist hingegen, wie gross der Kuchen insgesamt wächst: Gemäss Daten der Schweizerischen Nationalbank hat das Gesamtvermögen aller privaten Haushalte in 20 Jahren von 2400 auf 5500 Milliarden Franken zugelegt, davon stecken über 2500 Milliarden in Häusern und Wohnungen.

Artikel aus der «Handelszeitung»

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Zieht man die Schulden von rund 1000 Milliarden ab, kommt man auf ein Nettovermögen von 4500 Milliarden.

Schweizer Vermögen sind ungleich verteilt

Diese Zahl sagt allerdings nichts über die Verteilung aus – und auch nicht darüber, ob es der Mittelschicht besser oder schlechter geht. Doch verschiedene Schätzungen machen deutlich, dass die Vermögen in der Schweiz im internationalen Vergleich sehr ungleich verteilt sind und dass die Vermögenskonzentration in den letzten 15 Jahren zugenommen hat.

Die grosse Vermögensungleichheit kommt zum Beispiel im «Wealth Report» der UBS vormals Credit Suisse zum Ausdruck: Der Bericht bescheinigt der Schweiz mit 685'230 Dollar das weltweit höchste Vermögen pro Kopf. Aber beim Medianvermögen, also genau der Mitte der Verteilung, liegt sie mit 170'000 Dollar nur auf Platz sechs.

Statistikerinnen sprechen in einem solchen Fall von einer rechtsschiefen Verteilung, bei der viele kleine und mittelgrosse Werte ein paar extrem hohen Werten gegenüberstehen, die den (arithmetischen) Durchschnitt nach oben ziehen.

Für den Mittelstand jedoch erfreulich ist, dass sich das Medianvermögen gemäss dem Bericht seit dem Jahr 2000 fast verdreifacht hat. Allgemein hat die Ungleichverteilung im UBS-Datensatz gemäss gängigen Kennzahlen wie dem Gini-Koeffizient leicht abgenommen.

Vermögensanteil der Reichsten ist gestiegen

Beim ausgewiesenen Reinvermögen, also dem, was die Steuerbehörde nach allen Abzügen zum steuerbaren Vermögen zählt, sieht die Sache jedoch anders aus: Die Daten der Steuerverwaltung zeigen, dass der Vermögensanteil der reichsten 1 Prozent von 38 Prozent im Jahr 2005 auf 44,8 Prozent im Jahr 2020 gestiegen ist.

Die obersten 10 Prozent halten 77,8 Prozent des Gesamtvermögens. 2020 gab es 374'000 Millionäre und Millionärinnen (circa 6 Prozent der Steuerpflichtigen) – das sind mehr als dreimal so viele wie 1997, als ihr Anteil bei 3 Prozent lag.

Parallel dazu ist der Anteil natürlicher Personen, die gar nichts auf der hohen Kante haben, von 30 auf 22 Prozent gesunken. In der Mitte hat sich relativ wenig geändert. 2020 hatten knapp 50 Prozent ein Vermögen über 50'000. 1997 lag der Anteil bei 40 Prozent.

Der Mittelstand verarmt nicht

Während die Schweiz bei der Einkommensverteilung im Mittelfeld liegt, hat die Konzentration der Vermögen am oberen Rand der Verteilung ein ähnliches Ausmass angenommen wie in anderen ungleichen Gesellschaften – etwa den USA –, obwohl die Schweiz als eines von wenigen Ländern eine Vermögenssteuer kennt.

Woran das liegt, ist Gegenstand der Forschung. Ein Teil der Vermögenskonzentration könnte mit dem Zuzug schwerreicher Ausländerinnen und Ausländer zusammenhängen. Laut Forschenden des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) an der Universität Luzern lässt sich der Anstieg in der Vermögensungleichheit hauptsächlich mit Buchgewinnen am Kapitalmarkt sowie mit steigenden Immobilienpreisen erklären.

Dass die Mittelschicht deswegen verarmt, ist aber nicht zu belegen. Vielmehr hat auch sie in der Mehrheit von den höheren Immobilienpreisen und steigenden Aktienkursen profitiert – wenn nicht im deklarierten Privatvermögen, dann in der Pensionskasse.

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