Darum gehts
- FDP-Politiker Severin Brüngger kandidiert für Schaffhauser Ständeratssitz
- Die Wahl von SP-Mann Simon Stocker muss nach einem Gerichtsentscheid wiederholt werden
- Brüngger ist Easyjet-Pilot und ehemaliger Handball-Nationalspieler mit wirtschaftsliberaler Ausrichtung
- Gewählt wird am 29. Juni
Ist er ein Überflieger oder wird er hart landen? Jedenfalls ist der Linienpilot Severin Brüngger (46) bereit, Kurs auf Bundesbern zu nehmen. Der FDP-Politiker wurde am Donnerstagabend von seiner Kantonalpartei nominiert, um den Schaffhauser Sitz zu im Ständerat zu erobern.
Nach einem Bundesgerichtsurteil muss die Wahl um den zweiten Schaffhauser Ständeratssitz wiederholt werden. Das Gericht hatte die Wahl von Simon Stocker (43) aufgehoben. Die Begründung: Der Schaffhauser SP-Politiker habe zum Zeitpunkt der Wahl seinen Wohnsitz nicht in Schaffhausen, sondern in Zürich gehabt. Stocker tritt erneut an. Nicht aber der Vater der Abzocker-Initiative, Thomas Minder (64).
Nun greift die FDP den Sitz mit dem Easyjet-Piloten Brüngger an. Dieser ist im Zürcher Weinland geboren, hat aber schon seine Lehre als Maschinenmechaniker in Schaffhausen abgeschlossen. Erst seit 2021 ist er Grossstadtrat und seit 2022 Kantonsrat. In dieser Zeit hat er sich vor allem als wirtschaftsliberaler Hardliner einen Namen gemacht. «Ich möchte mithelfen, den Kantonsrat bürgerlich zu halten», wird er auf der Website seiner Partei zitiert.
Ähnlich tönt es, wenn man nach seinen Ambitionen in Bundesbern fragt. Auf die Unterstützung der SVP kann Brüngger schon mal zählen: «Als ehemaliger Spitzensportler kann er mit harten Bandagen kämpfen und auch einstecken, das ist wichtig in der Politik», sagt der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann (68) zu Blick.
Als Privat-Pilot reiste er durch die Welt
Brüngger hat fast hundert Spiele für die Handball-Nationalmannschaft absolviert, war bei den Kadetten Schaffhausen ein wichtiges Teammitglied. «Noch heute träume ich nachts manchmal vom Handball», erzählt Brüngger. Nach seiner Karriere als Sportler setzte er auf die Fliegerei. Jahrelang flog er als Privatpilot reiche Familien im Jet durch die Welt. «Während meine Freunde zu Hause im Garten Geburtstage feierten, war ich in den teuersten Hotels der Welt untergebracht und wartete auf den nächsten Flug.» Da habe er gelernt, was ihm wichtig sei.
Heute lebt er mit seiner Patchwork-Familie in Schaffhausen und sei so gut wie jede Nacht daheim bei den drei Kindern und seiner Partnerin. Ein Leben, das er heute bevorzugt.
GLP ist für Stocker
Der Wahltermin ist bereits am 29. Juni. Es bleibt wenig Zeit, für den Wahlkampf. Ganz so einfach dürfte die Wahl im sonst so bürgerlichen Kanton für den FDP-Mann nicht werden. Bei der SP hofft man auf einen «Jetzt erst Recht»-Faktor – und auch die GLP unterstützt lieber Stocker. «Wir haben mit Hannes Germann bereits einen sehr bürgerlichen Ständerat, wir fühlen uns besser vertreten durch Stocker», so GLP-Präsident Christoph Hak gegenüber Blick. Zudem sei Brüngger immer wieder mit provozierenden Voten aufgefallen, Stockers Arbeit beurteilt die GLP als «engagiert und verlässlich».
Einen Vorteil haben Stocker und Brüngger. Während viele Politiker vor allem daraufhin arbeiten müssen, die ihnen gut gesinnten Wählerinnen und Wähler an die Urne zu motivieren, tut das in Schaffhausen das Gesetz. Die Teilnahme an eidgenössischen, kantonalen und städtischen Abstimmungen ist dort bis zum 65. Altersjahr obligatorisch. Wer eine Wahl oder Abstimmung ohne Entschuldigung versäumt, muss sechs Franken zahlen.