Diese Ukrainerinnen wollen zurück – und sprechen über ihre Zukunftspläne
«Es ist meine Pflicht, die Ukraine wieder aufzubauen»

Sie wollen 20 Milliarden US-Dollar sammeln, Kriegsverletzte sozialisieren und ein Putzunternehmen gründen. Drei Ukrainerinnen, die jetzt in der Schweiz leben, erzählen über ihre Pläne zum Wiederaufbau der Ukraine.
Publiziert: 05.10.2023 um 20:06 Uhr
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Anastasia Juschtschenko vermisst ihre Heimat und will zurück, sobald der Krieg vorbei ist.
Foto: Anastasia Juschtschenko
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Robin BäniRedaktor

Jeden Abend durchforstet Anastasia Juschtschenko (28) ukrainische Telegram-Kanäle nach den Worten «Trewoga» (Alarm) und «Wsryw» (Explosion). «Ich möchte wissen, was geschieht – meine Heimat fehlt mir», sagt die Ukrainerin.

Juschtschenko plant, in die Ukraine zurückzukehren, sobald Präsident Wolodimir Selenski (45) das Ende des Kriegs verkündet. Dies, obwohl Juschtschenko in der Schweiz ein komfortables Leben führt – und vor allem ein unabhängiges. «Ich will keine Sozialhilfe», betont die Mutter von zwei kleinen Kindern. Also reinigt sie Hotelzimmer – bis auf weiteres.

Rückkehr vor Kriegsende

Dass die Schweiz schon über ein provisorisches Rückkehr-Konzept für die Ukrainer diskutiert, dafür hat Juschtschenko Verständnis. Aber dennoch ist sie verunsichert. Denn das Konzept stützt sich auf ein fiktives Basisszenario, bei dem zwar in weiten Teilen der Ukraine keine Kriegshandlungen mehr ausgefochten würden, aber an der Front weiterhin sporadisch gekämpft würde. Der Krieg wäre nicht beendet, aber die Schweiz würde bereits die Rückkehr angehen.

Da kommt Juschtschenko sofort der Gedanke: «Ich muss meine Kinder schützen.» Doch sobald es zu Hause sicher sei, wolle sie heimkehren. Dann will sie Geld für ihr Land sammeln. Als erfahrene Projektmanagerin ist sie zuversichtlich, dabei ihre Kontakte in der Schweiz nutzen zu können.

20 Milliarden Dollar für die Ukraine

Ein noch ehrgeizigeres Projekt verfolgt Olesia Tarasenko (41), die in Kloten ZH lebt. Sie will über 20 Milliarden US-Dollar für die ukrainische Wirtschaft sammeln. Ziel: ein Netz für Hochgeschwindigkeitszüge. Das erscheint ambitioniert, doch Tarasenko ist nicht irgendwer. Sie berät den Vorsitzenden der ukrainischen Arbeiter-Föderation und ist Mitglied im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss.

Ausserdem leitet sie ein Projekt, um Sanatorien in der Ukraine zu restaurieren. In diesen Rehabilitationszentren sollen Kriegsverletzte behandelt werden – physisch, aber auch psychisch Verletzte. Ziel ist es, sie wieder zu integrieren. «Es ist meine Pflicht, nach dem Krieg zu helfen und die Ukraine wieder aufzubauen», sagt Tarasenko.

Putzen bis zum Ende

Bereit für den Wiederaufbau ist auch Tatjana Wichtodenko (44). In der Ukraine leitete sie den grössten Importeur von IT-Technologie. Vor dem Angriff Russlands auf ihr Heimatland hatte sie 2000 Mitarbeitende unter sich. Jetzt hat sie in der Schweiz ein Reinigungsunternehmen gegründet, das bereits vier Angestellten ein Auskommen ermöglicht und 100 Daueraufträge vorweisen kann.

«Mein Unternehmen wächst jeden Tag», sagt Wichtodenko. Sie ist sichtlich stolz, anderen Ukrainerinnen einen Arbeitsplatz bieten zu können. Dabei geht es ihr nicht in erster Linie ums Geld, sondern darum, nützlich zu sein und Landsleuten helfen zu können.

Zusammen mit ihren Mitarbeitern plant Wichtodenko, nach dem Krieg in der Ukraine weiterzuarbeiten. Sie ist überzeugt, dass auch in der Heimat Reinigungskräfte gefragt sein werden. Und die Frau hofft, mit ihrer Geschichte Menschen in schwierigen Zeiten zu inspirieren, damit sie Chancen wahrnehmen, ihre Zukunft auch in schwierigen Zeiten selbst zu gestalten.

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