Der Nationalrat hat sich dafür ausgesprochen, der Ukraine erstmal nicht zu helfen. Mit 96 zu 85 Stimmen hat er sich für einen Ordnungsantrag von Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (45) ausgesprochen, um zusätzliche humanitäre Hilfe auf die lange Bank zu schieben.
Dabei hatte die Mitte-Partei in einer Vernehmlassungsantwort vom 18. September 2023 hier noch einen ganz anderen Standpunkt vertreten. Sie hat sich dafür ausgesprochen, dass Mehrausgaben zugunsten der Ukraine separat ausgewiesen und beantragt werden sollen, mit oder ohne zusätzliche gesetzliche Grundlage – unterschrieben von Parteipräsident Gerhard Pfister (60).
Indem nun am Mittwochnachmittag drei Vorstösse von GLP, SP und aus der Mitte für ausserordentliche Ukraine-Hilfe auf Antrag Bregys der Kommission zugewiesen wurden, wird das Vorhaben erst nach den Wahlen behandelt. So verfährt man mit Vorhaben, wenn man sie sang- und klanglos sterben lassen will.
Fehlt die Grundlage?
Der Fraktionschef hatte im Vorfeld erklärt, das Bundesamt für Justiz (BJ) habe klargemacht, dass es hier keine gesetzliche Grundlage gebe. Diese solle erst geschaffen werden.
Dem widerspricht SP-Nationalrat Fabian Molina (33). «Eine Gesetzesgrundlage braucht es laut BJ nur für den Wiederaufbau. Hier geht es aber um humanitäre Hilfe. Es verwundert schon, dass Bregy hier tätig wird, obwohl er sich offenbar in der Materie nicht auskennt», so der Genosse.
«Es geht nicht um 5 Milliarden»
Dass der Anstoss, die drei Motionen in die Kommission verbannen, ausgerechnet aus der Leitung der Mitte-Fraktion kam, sorgte in der eigenen Partei im Vorfeld für einige Kritik. Wenn Bregy davon rede, man wolle 5 Milliarden Franken für die die Restauration von ukrainischen Städten investieren, zeige das nur, dass er nicht in der Thematik sei, so sagten auch Parteivertreter im politischen Zentrum. Es gehe bloss darum, Wasserleitungen wieder instand zu stellen und für Strom zu sorgen. «Um das Nötigste zum Leben halt.»
«Die grossen Verlierer sind die Menschen in der Ukraine», betont Molina. Klar sei aber auch, dass es im Ausland niemand verstehe, dass die Schweiz sich für zu arm halte, hier zu helfen. «Wenigstens hat sich die Mitte-Partei jetzt noch kurz vor den Wahlen demaskiert», so Molinas hartes Urteil.
Ungeschickt?
Hier widerspricht man bei der Mitte entschieden. Doch dass die Mitte-Fraktionsführung nun mitgeholfen hat, die Ukraine im Regen stehenzulassen, empfinden einige mit Blick auf die nahenden Wahlen als mehr als nur ungeschickt.