WWF-Skandal wird vertuscht!
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Mord, Folter, Vergewaltigungen:Amerikaner drehen dem WWF den Geldhahn zu

Die Umweltorganisation soll in Vergewaltigungen, Folter und Mord verwickelt sein
WWF-Skandal wird vertuscht!

Der WWF steht wegen massiver Menschenrechtsverletzungen am Pranger. Die Umweltschutzorganisation versprach, die Vorwürfe zu untersuchen. Doch der Verdacht besteht, dass es der WWF mit der Aufklärung nicht sonderlich ernst nimmt.
Publiziert: 04.10.2020 um 23:00 Uhr
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Aktualisiert: 25.11.2020 um 10:13 Uhr
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Unter anderem im Salonga-Nationalpark in Kongo sollen vom WWF unterstützte Wildhüter Menschen gefoltert haben.
Foto: ©Karine Aigner
Lea Hartmann

Die Vorwürfe sind massiv: Vom WWF unterstützte Paramilitärs in Afrika und Asien sollen Massenvergewaltigungen begangen und gefoltert haben. Selbst vor Morden hätten sie nicht zurückgeschreckt. Die Opfer sollen Wilderer, aber auch die lokale Bevölkerung sein – selbst Kinder seien darunter, wird der weltgrössten Umweltschutzorganisation vorgeworfen.

Der Skandal kam im Frühling 2019 ans Licht. Wie sich gezeigt hatte, wusste der WWF mit Sitz in Gland VD seit Jahren vom Skandal. Doch: Statt die angeblichen Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen, hat die Organisation die Verbrechen zu vertuschen versucht. Zu diesem Schluss kommen die amerikanischen Behörden.

Kein Geld mehr von den USA

Eine Untersuchung des US-Innenministeriums stützt entsprechende Recherchen des amerikanischen Nachrichtenportals Buzzfeed. Interne Berichte, die es vom WWF erhalten hat, «scheinen viele Vorwürfe gegen Wildhüter, die vom WWF bezahlt und/oder beaufsichtigt werden, zu erhärten», heisst es in einem internen Memo der Behörde, das vergangene Woche geleakt wurde und BLICK vorliegt.

Und die USA haben gehandelt: Wie aus dem Memo sowie einem am Freitag veröffentlichten Report des US-Rechnungshofs hervorgeht, hat das Innenministerium die Zahlungen an den WWF seit über einem Jahr sistiert. Auch das US-Aussenministerium hält für den WWF vorgesehene Gelder zurück. In den vergangenen Jahren hatten die USA den WWF jährlich mit mehreren Millionen Dollar unterstützt.

Bericht immer wieder hinausgeschoben

Angesichts des massiven öffentlichen Drucks hatte der WWF eine unabhängige Untersuchung zu den Buzzfeed-Enthüllungen angekündigt. Eingesetzt wurde werbewirksam ein Untersuchungskomitee unter der Leitung der ehemaligen Uno-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay (79). Dieses teilte im November 2019 auf Anfrage von BLICK mit, die Untersuchung werde bis Anfang 2020 abgeschlossen sein. Doch noch immer wartet die Öffentlichkeit auf den Bericht.

Inzwischen sind über anderthalb Jahre vergangen, seit die vielen schwerwiegenden Vorwürfe publik wurden. Und noch immer gibt es keine Erkenntnisse aus der Romandie. Der Generalsekretär des Untersuchungskomitees teilt inzwischen mit, es werde mindestens Mitte Oktober, bis der Bericht vorliege.

Der WWF will ebenso wenig daran schuld sein, dass die Untersuchung noch immer nicht abgeschlossen ist, wie an den Taten an sich. Myriam Stucki, Sprecherin von WWF Schweiz, sagt: «Wir vertrauen darauf, dass sich das Gremium so viel Zeit nimmt, wie wirklich nötig ist.» Da das Panel unabhängig sei, habe WWF «keinen Einfluss auf den Zeitplan oder auf Ergebnisse des Berichts», betont WWF International. Letzteres dürfte stimmen, doch dass der WWF für den Abschluss der Untersuchung keine Frist setzte, brachte ihm schon beim Start der Abklärungen heftige Kritik anderer Nichtregierungsorganisationen ein. In einem offenen Brief an den WWF teilten sie mit, dass es sich aus ihrer Sicht bei der Untersuchung nicht um einen «angemessenen oder glaubwürdigen Prozess» handle.

WWF hat Anwaltskanzlei engagiert

Der WWF unternimmt nichts, um die Verzögerungen zu erklären. WWF International betont zwar, wie wichtig für die Organisation Transparenz sei. Doch statt Antworten auf konkrete BLICK-Fragen zu liefern, belassen es der WWF und das Untersuchungskomitee bei nichtssagenden Statements.

Bekannt ist einzig, dass die Untersuchung in zwei Teile gegliedert ist. Um die eigentliche Abklärung der Vorwürfe kümmert sich nicht das hochkarätig besetzte Gremium, das der WWF stets erwähnt – sondern die Anwaltskanzlei Kingsley Napley aus London, die unter anderem auf Reputationsmanagement spezialisiert ist. Die ehemalige Menschenrechtskommissarin Pillay und ihr Team bewerten lediglich deren Erkenntnisse und leiten daraus Empfehlungen ab.

«Sie verzögern alles»

Stephen Corry, Direktor von Survival International, ist wütend. Das Hilfswerk mit Sitz in London setzt sich für die Rechte indigener Völker ein und hatte den offenen Brief an den WWF mitunterzeichnet. «Sie verzögern alles – im Wissen darum, dass die Erinnerung an den Zorn, welchen die Enthüllungen der systematischen Menschenrechtsverletzungen ausgelöst haben, verblassen wird.»

Auch die britische Rainforest Foundation ist es müde, vertröstet zu werden. Das Leiden der zahlreichen Opfer der Menschenrechtsverletzungen, die noch immer auf eine Entschuldigung oder Entschädigung des WWF warten, würde damit nur verlängert, sagt Direktor Joe Eisen. «Und das, obwohl viele der Vorwürfe von ihren eigenen Leuten bestätigt worden sind.»

Anders als die US-Behörden scheinen diejenigen in der Schweiz das Treiben beim WWF bislang einfach hinzunehmen.

Der WWF fordert von Firmen, was er selbst nicht einhält

Schweizer Unternehmen sorgen dafür, dass sie und ihre Tochterfirmen im Ausland keine Menschenrechte verletzen. Und kommt es doch zu Verstössen, sollen sie dafür zur Verantwortung gezogen werden können: Das fordert die Konzernverantwortungs-Initiative (Kovi), über welche die Schweiz am 29. November abstimmt.

Auch der WWF gehört zu den Organisationen, die das Volksbegehren unterstützen. Die Umweltschutzorganisation verlangt damit von Unternehmen etwas, das sie selbst nicht einzuhalten scheint. So zeigen Dokumente, dass der WWF seit Jahren von massiven Menschenrechtsverstössen durch von ihr unterstützte Wildhüter weiss. Doch statt den Verfehlungen rasch auf den Grund zu gehen, dafür zu sorgen, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden, und transparent darüber zu informieren, wollte der WWF offenbar alles unter den Teppich kehren.

Platzt der Bericht mitten in den Abstimmungskampf?
Die Unterstützung der Kovi durch den WWF droht für die Initianten zum Bumerang zu werden. Die Gegner werden mit dem Finger auf die Umweltschützer zeigen, die selber für schlimmste Menschenrechtsverstösse von durch sie unterstützten Wildhütern nicht geradestehen. Kommt hinzu: Verschiebt das vom WWF eingesetzte Untersuchungskomitee die Veröffentlichung seines Berichts nicht noch einmal, platzt er mitten in die heisse Phase des Abstimmungskampfs.

Die Befürworter der Initiative versuchen den Schaden kleinzureden. Der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch (55) stellt sich gar hinter den WWF. «Ich persönlich habe vollstes Vertrauen», sagt er. Auch die Tierschutzorganisation könne Verstösse gegen die Menschenrechte nicht verhindern. «So etwas kann immer passieren. Doch das heisst nicht, dass der WWF oder die Initiative schlecht sind.»

WWF wäre von Initiative betroffen
Auch BDP-Präsident Martin Landolt (52), der sich im bürgerlichen Ja-Komitee für die Initiative engagiert, bestreitet, dass der WWF der Initiative schaden könnte. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, unterstreiche das vielmehr die Notwendigkeit der Initiative, findet er.

Grünen-Präsident Balthasar Glättli (48) stellt klar, dass neben Firmen auch Stiftungen mit Sitz in der Schweiz aufgrund der Kovi haftbar gemacht werden könnten. «So wäre auch WWF International nach Annahme der Konzernverantwortungs-Initiative dazu verpflichtet, die Menschenrechte einzuhalten, und müsste dann für tatsächlich angerichtete Schäden geradestehen.»

Die Umweltschutzorganisation mit Sitz in der Schweiz wird beschuldigt, in Afrika und Asien für massive Menschenrechtsverstösse mitverantwortlich zu sein.
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Schweizer Unternehmen sorgen dafür, dass sie und ihre Tochterfirmen im Ausland keine Menschenrechte verletzen. Und kommt es doch zu Verstössen, sollen sie dafür zur Verantwortung gezogen werden können: Das fordert die Konzernverantwortungs-Initiative (Kovi), über welche die Schweiz am 29. November abstimmt.

Auch der WWF gehört zu den Organisationen, die das Volksbegehren unterstützen. Die Umweltschutzorganisation verlangt damit von Unternehmen etwas, das sie selbst nicht einzuhalten scheint. So zeigen Dokumente, dass der WWF seit Jahren von massiven Menschenrechtsverstössen durch von ihr unterstützte Wildhüter weiss. Doch statt den Verfehlungen rasch auf den Grund zu gehen, dafür zu sorgen, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden, und transparent darüber zu informieren, wollte der WWF offenbar alles unter den Teppich kehren.

Platzt der Bericht mitten in den Abstimmungskampf?
Die Unterstützung der Kovi durch den WWF droht für die Initianten zum Bumerang zu werden. Die Gegner werden mit dem Finger auf die Umweltschützer zeigen, die selber für schlimmste Menschenrechtsverstösse von durch sie unterstützten Wildhütern nicht geradestehen. Kommt hinzu: Verschiebt das vom WWF eingesetzte Untersuchungskomitee die Veröffentlichung seines Berichts nicht noch einmal, platzt er mitten in die heisse Phase des Abstimmungskampfs.

Die Befürworter der Initiative versuchen den Schaden kleinzureden. Der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch (55) stellt sich gar hinter den WWF. «Ich persönlich habe vollstes Vertrauen», sagt er. Auch die Tierschutzorganisation könne Verstösse gegen die Menschenrechte nicht verhindern. «So etwas kann immer passieren. Doch das heisst nicht, dass der WWF oder die Initiative schlecht sind.»

WWF wäre von Initiative betroffen
Auch BDP-Präsident Martin Landolt (52), der sich im bürgerlichen Ja-Komitee für die Initiative engagiert, bestreitet, dass der WWF der Initiative schaden könnte. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, unterstreiche das vielmehr die Notwendigkeit der Initiative, findet er.

Grünen-Präsident Balthasar Glättli (48) stellt klar, dass neben Firmen auch Stiftungen mit Sitz in der Schweiz aufgrund der Kovi haftbar gemacht werden könnten. «So wäre auch WWF International nach Annahme der Konzernverantwortungs-Initiative dazu verpflichtet, die Menschenrechte einzuhalten, und müsste dann für tatsächlich angerichtete Schäden geradestehen.»

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