Geografiekenntnisse: ungenügend. Dass das Bundesamt für Sport (Baspo) jahrelang fälschlicherweise Fördergelder von Jugend+Sport an Vereine in der Ortschaft Büsingen ausbezahlt hat, sorgt im Land für Hohn und Spott. Denn die Beamten hatten schlicht nicht begriffen: Auch wenn Büsingen mitten im Kanton Schaffhausen liegt, gehört die Gemeinde doch zu Deutschland. Die Vereine hatten gar nie Anrecht auf die Gelder – insgesamt rund 60'000 Franken hatten sie bekommen.
Als wäre das nicht genug: Das deutsche Büsingen ist nicht die einzige ausländische Gemeinde, in der Sportvereine über Jahre Schweizer Fördergelder kassierten. Auch die Gemeinde Campione d'Italia liegt in der Schweiz. Die italienische Gemeinde ist komplett vom Kanton Tessin umgeben. Und auch hier hat das Baspo nicht erkannt, dass es sich bei der 2000-Seelen-Gemeinde nicht um Schweizer Staatsgebiet handelt.
Auch die Italiener müssen nichts zurückzahlen
«Die Associazione Polisportiva Campionese (APC) wurde ebenfalls früher via J+S unterstützt», bestätigt Baspo-Kommunikationschef Christoph Lauener. Von 2016 bis 2020 hat der italienische Sportverein total 14'222 Franken einkassiert. Erst dann haben die Bundesbeamten ihren Fehler entdeckt. «Im August 2020 wurde die APC von J+S ausgeschlossen», sagt Lauener. Wie die Büsinger Vereine musste auch die APC nichts zurückzahlen.
Das Problem war in beiden Gemeinden dasselbe: Büsingen wie auch Campione verfügen neben einer deutschen beziehungsweise italienischen auch über eine Schweizer Postleitzahl, wovon sich die Bundesbeamten täuschen liessen.
«Wir wollen nicht jammern»
Jetzt ist aber Schluss mit dem Steuergeld-Zustupf. Und so schaut man in Büsingen, wie es für den FC, den Tennisklub und den Turnverein weitergeht. Hässig ist man auf den Bund nicht – wenn man kein Anrecht auf Subventionen habe, sei das halt so. «Als Gemeinde wollen wir nicht jammern», sagt Bürgermeisterin Vera Schraner zu Blick. Die bilateralen Beziehungen zur Schweiz funktionierten reibungslos, das setze man nicht aufs Spiel.
Ein bisschen anders tönt es beim Kanton. «Viele Schaffhauserinnen und Schaffhauser sind Mitglied in den Büsinger Sportvereinen», schreibt er auf Anfrage. «Aus diesen Gründen ist der Entscheid des Baspo für den Kanton Schaffhausen nur bedingt nachvollziehbar», heisst es.
Kanton macht sich für Büsingen stark
Es war schliesslich ja der Kanton selbst, der den Vereinen sagte, wie sie dank ihrer Schweizer Postleitzahl zu den Baspo-Geldern kommen, wie die Staatskanzlei bestätigt: Die betroffenen Vereine seien den schweizerischen Vereinen zugehörig, in den schweizerischen Ligen aktiv und hätten zahlreiche Mitglieder aus der Schweiz, so die Begründung zum Postleitzahl-Trick.
«Sowohl das Sportamt als auch die Vereine gingen seit Jahren in gutem Glauben davon aus, dass die Gelder zu Recht ausbezahlt wurden. Die Büsinger Vereine wollten zu keiner Zeit das System betrügen.» Der Kanton werde auf das Bundesamt mit der Bitte zugehen, eine neue Lösung zu suchen.
Gemeinde springt ein
Der FC Büsingen, der Tennisklub Büsingen und auch der Turnverein können aber schon aufatmen. «Die Fördergelder für die Vereine werden wir als Gemeinde übernehmen», verspricht Schraner.
Büsingen erhalte als binationale Gemeinde jedes Jahr eine Mehrwertsteuerrückerstattung, die vollumfänglich zugunsten der Bevölkerung eingesetzt werde. «Aus diesem Topf werden wir auch die Vereine unterstützen.»
J+S-Kurse fehlen
Bei einem anderen Thema aber kann die Gemeinde nicht so einfach einspringen: bei der Weiterbildung der Übungsleiter. «Uns geht es insbesondere darum, dass unsere Nachwuchstrainer die J+S-Kurse des Baspo besuchen können», erklärt die Bürgermeisterin. Die Kurse seien sehr wertvoll.
Und hier kann Büsingen auf den Kanton Schaffhausen zählen, wie Schraner sagt: «Wir sind sehr froh, dass sich der Kanton dafür einsetzt, dass dies weiterhin möglich ist.»
Auch wenn die Sache noch nicht ganz ausgestanden ist – es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn sich keine Lösung zwischen Gemeinden, Kantonen und Bund fände.
Den Beamten im Baspo bleibt derweil ein Trost: Büsingen und Campione d’Italia sind die einzigen Enklaven, die in der Schweiz liegen. Noch einmal kann ihnen so eine peinliche Geografie-Panne nicht passieren.