Patientinnen und Patienten mit einer privaten Zusatzversicherung haben in der Schweiz eine grössere Chance auf eine Operation am Herzen als Grundversicherte. In einer neuen Studie der Universität Basel und des Kantonsspitals Aarau war die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Eingriff zu erhalten, bei Zusatzversicherten um elf Prozent höher.
«Dies deutet auf ein erhebliches Ungleichgewicht bei der Behandlung hin», schrieben die Autoren in der am Freitag im Fachblatt «Jama Network Open» publizierten Studie.
Zusatzkosten von 5,7 Millionen
Schweizweit wurden so jährlich 895 zusätzliche kardiologische Eingriffe durchgeführt. Gemäss der Studie verursachte dies Mehrkosten von etwa 5,74 Millionen Franken pro Jahr, die ohne Einbusse der Versorgungsqualität eingespart werden könnten.
Die Studienautoren hätten bei Zusatzversicherten eigentlich eine geringere Anzahl an kardiologischen Eingriffen erwartet. Personen mit einer privaten Zusatzversicherung seien tendenziell gesünder und würden seltener in ein Spital eingewiesen.
«Lukrative Patientenklasse»
Die Gründe für diese Ungleichbehandlung vermuten sie deshalb ausserhalb der Medizin. «Es bestehen für die Spitäler klare ökonomische Anreize, an dieser lukrativen Patientenklasse Eingriffe im stationären Rahmen vorzunehmen, anstatt darauf zu verzichten oder sie zumindest ambulant durchzuführen», wurde Forschungsgruppenleiter Philipp Schütz in einer Mitteilung der Universität Basel zitiert.
Während die Krankenkassen die Behandlung der Grundversicherten mit einer Fallpauschale abgelten, können die Spitäler bei Zusatzversicherten weitere Honorare abrechnen, die teilweise der Ärzteschaft zugutekommen. Zudem würden privat Versicherte die medizinische Versorgung generell mehr in Anspruch nehmen.
Die Studie zeigte zudem eine generelle Zunahme an Eingriffen am Herzen – sowohl bei Grundversicherten als auch bei Personen mit einer privaten Zusatzversicherung. Diese Zunahme könne nicht nur auf das Bevölkerungswachstum zurückgeführt werden, sondern beruhe auch auf einer steigenden Nachfrage, hiess es in der Studie. Die Untersuchung basiert auf Daten von 590'000 Patientinnen und Patienten. (SDA)