Darum gehts
- Martin Pfister beginnt als Bundesrat. Neue Herausforderungen und Aufgaben warten auf ihn
- Pfister muss Verwaltung bändigen, Top-Jobs besetzen und Kontakte im Parlament knüpfen
- Blick hat Tipps für ihn in Bundesbern
Stapelweise Gratulationsschreiben und Einladungen von Lobbyisten, viele Dossiers und Ordner, die es jetzt zu lesen gibt: Mit der Wahl in den Bundesrat steigt der Bekanntheitsgrad von Martin Pfister (61) auf einen Schlag – gleichzeitig aber auch die Arbeitslast.
Es ist äusserst selten, dass das Parlament jemanden in die Schweizer Regierung wählt, der zuvor nicht auch in Bundesbern Politik betrieb. Was erwartet den neuen Mitte-Mann in Bern, der als Zuger Regierungsrat bisher wenig Berührungspunkte mit dem Bundeshaus hatte? Blick liefert den Guide für den Bundeshaus-Anfänger.
Die Verwaltung bändigen
Pfister wird ab sofort Chef von 12’500 Mitarbeitenden. Besonders die Verwaltung dürfe man als frisch gewählter Magistrat nicht unterschätzen, erzählte alt Bundesrätin Ruth Dreifuss (85) rückblickend. «Einerseits zeichnen sich Beamte durch Loyalität, Engagement, Fachkenntnisse aus. Andererseits muss man sich bewusst sein, dass sie nicht immer alle Informationen bereitwillig mit der Departementschefin teilen», schrieb sie einst im «Das Magazin».
Weil der Verantwortungsbereich eines Bundesratsmitglieds so gross ist, sei die Gefahr eines Verwaltungsstaats real, warnte Dreifuss.
Top-Jobs besetzen
Pfister trifft auf das Verteidigungsdepartement, in dem gerade viele Chefposten zu vergeben sind. Es wird an ihm sein, Armeechef Thomas Süssli (58) und Nachrichtendienstchef Christian Dussey (60) zu ersetzen. Ebenfalls gekündigt hat Peter Merz (57), der Kommandant der Luftwaffe.
Weil Pfister das Haifischbecken Bundeshaus noch wenig kennt, ist es wichtig, dass er hier einen Kenner oder eine Expertin zur Seite holt. Sein SP-Kollege Beat Jans (60) brachte sein Generalsekretariat aus Basel mit. Diese kannten sich zu Beginn kaum aus, was Parlamentarier bemängelten.
Aber wer ist die wichtigste Person im Umfeld eines Bundesrats? «Das ist bei jedem Bundesrat anders. Bei manchen ist es der Generalsekretär, bei anderen der persönliche Mitarbeiter oder der Kommunikationschef», erzählte alt Bundesrat Adolf Ogi (82) ebenfalls im «Das Magazin». Und noch eine Person ist wichtig. «Wenn man Bundesrat ist, braucht man so jemanden»: Ogi hat sich gern an den Pfarrer von Kandersteg und seine Frau gewandt.
Kontakte knüpfen auf dem Fussballplatz oder in der Band
Den Draht zum Parlament muss Pfister noch finden. Zwar hat er sich bereits bei allen Fraktionen vorgestellt, doch nun gilt es, die Kontakte zu vertiefen. Eine Gelegenheit bietet sich auf dem Sportplatz – denn wie sonst nur beim Apéro treten die Politiker im FC Nationalrat einmal nicht gegen-, sondern miteinander an.
Auch sein SP-Kollege Jans hat bereits fürs Parlamentsteam gespielt. Vielleicht könnte sich Pfister mit dem Justizminister gleich im Passspiel üben. Eine Einladung fürs Team spricht der Captain des FC Nationalrat, Lars Guggisberg (47), schon mal aus: «Wir können noch einen gross gewachsenen Innenverteidiger brauchen», sagt er gegenüber Blick.
Auch die Politiker-Band Fraktionszwang würde sich sicher über ein neues Mitglied freuen. Dort nimmt man es entspannt, wenn Pfister mehr mit Begeisterung als mit Können zur Posaune greift – schliesslich gilt für die Band das olympische Motto: Dabeisein ist alles. Gleichzeitig könnte er sich darin üben, den Takt des Kollegen Albert Rösti (57) zu halten. Der Berner SVP-Bundesrat setzt sich schliesslich auch hin und wieder ans Schlagzeug der Band.
Eine Wohnung finden
Als Bundesrat hat man Zugang zur bundesrätlichen Flugflotte, jedoch sollte man die nicht zu oft für Heimatreisen nutzen. Denn seit ein paar Jahren weist die Verwaltung jährlich aus, wer als Vielflieger im Bundesrat die Klimabilanz trübt. Deshalb braucht Pfister rasch eine Bleibe in Bern.
Im noblen bundeseigenen Von-Wattenwyl-Haus in der historischen Berner Altstadt wohnten immer wieder Parlamentarier oder Bundesräte seiner Partei für wenig Geld, etwa Doris Leuthard (61). Weil der Bund keine Nachmieterin für Leuthard fand, stand das Haus lange leer. Jetzt wird erst einmal saniert. Interessierte Bundesräte wenden sich ganz einfach ans Bundesamt für Bauten und Logistik, vielleicht haben die sonst noch eine leere Immobilie an der Hand.
Berner Nachtleben kennenlernen
Der Berufsalltag in Bundesbern ist anstrengend. Darum ist es wichtig, auch mal Feierabend zu machen. Die Bars, die in Bern auch unter der Woche zu später Stunde noch offen haben, sind jedoch nicht so zahlreich. Hier bietet sich der «Kreissaal» an; in der Bar erhält man auch unter der Woche spät einen guten Whisky.
Pfisters Vorgänger Alain Berset (52) genehmigte sich hier auch mal ein Gläschen, getarnt mit seinem Hut. Ob sich Pfister verkleiden muss? So bekannt ist der Neo-Bundesrat in Bern wohl noch nicht.