Auf einen Blick
Beide sind «der Fondue-Typ», beide wandern lieber in den Bergen als sie im See schwimmen und beide bewundern alt Bundesrat Kurt Furgler (1924–2008). Wer ist hier wer? Teilweise unterscheiden sich die Antworten von Markus Ritter (57) und Martin Pfister (61) höchstens in der Wortwahl.
Es soll der Höhepunkt dieser Mitte-Delegiertenversammlung am Samstag in Visp VS sein: Die beiden Bundesratskandidaten liefern sich das erste Mal öffentlich einen Schlagabtausch. Zuvor hielt Gerhard Pfister (62) eine Rede, die vom Zustand der Mitte-Partei zur geopolitischen Weltlage schwenkte. Und Fraktionspräsident Philipp Matthias Bregy (46) hielt ein feuriges Plädoyer für die Abschaffung der Heiratsstrafe.
Der Saal ist voll, die Delegierten sitzen an langen Tischen. Einige essen noch ihr Gipfeli fertig. Es ist so weit: Ritter betritt die Bühne mit einem kleinen Sprung, Pfister folgt dicht hinter ihm.
Pfister muss sich vor der eigenen Basis beweisen
Besonders für den Zuger Regierungsrat Martin Pfister ist es ein wichtiger Moment. Ein Grossteil der Schweiz kennt ihn erst seit rund zwei Wochen, als er seine Kandidatur als Nachfolge von Viola Amherd (62) bekannt gab.
In Visp muss Pfister zwar nicht erklären, wer er ist. Die Delegiertenversammlung sei sein zu Hause, sagt jemand am Rande des Anlasses, er sei hier sehr gut vernetzt. Schlussendlich müssen die Kandidaten aber die Bundesparlamentarier und Bundesparlamentarierinnen überzeugen. Und bei denen sind Pfister und seine Positionen nahezu unbekannt. Ein harter Kontrast zu Ritter. Der ist seit 14 Jahren Nationalrat und hat sich einen Namen gemacht als durchsetzungsfähiger Dealmaker.
Der kämpferische Ritter gegen den unbekannten Pfister. Es ist eine Chance, sich vor der eigenen Basis zu beweisen und an Profil zu gewinnen.
Kaum inhaltliche Unterschiede
So ähnlich die kulinarischen und Freizeitpräferenzen der beiden Kandidaten, so wenig unterschieden sich die beiden auch in ihren politischen Positionen. Die Delegierten konnten im Voraus Fragen einreichen, welche die beiden Politiker nacheinander beantworteten.
Nach den Ansprachen von Pfister und Bregy wirkte die Fragerunde etwas träge. Auf der Bühne wurde sich vor allem viel zugestimmt. So ist Nationalrat Ritter etwa überzeugt, dass Gute Dienste im Ausland wichtig seien. Die Tradition müsse man weiterpflegen, fügt Pfister hinzu. Auch bei den Fragen zum PUK-Bericht über den Untergang zur Credit Suisse und bei der Energiepolitik herrscht Einigkeit zwischen den Mitte-Männern.
Lediglich bei der Frage zum EU-Deal ist ein kleiner Unterschied herauszuhören – wenn auch nur in Nuancen. Ritter bleibt, wie schon zuvor, zurückhaltend: Über zentrale Fragen des Deals könne man erste entscheiden, wenn die Verträge öffentlich seien. Bei Pfister war etwas mehr Enthusiasmus zu hören. Stabile Beziehungen mit der EU müsse man vertraglich regeln, findet er. Es sei die Aufgabe des Bundesrats, die Vorlage mehrheitsfähig zu machen.
Gelassen und mit Exekutiverfahrung
Wer konnte die Basis während dieser Fragerunde für sich gewinnen? Während einige Delegierte Ritters willensstarke Art schätzen, finden viele Pfisters Auftritt überzeugender. Er sei gelassener in seiner Art und er habe Exekutiverfahrung. Das sei nicht zu unterschätzen, sagt jemand. Es sei wichtig, in einem Regierungsgremium funktionieren zu können.
Auch Pfister scheint zufrieden. «Es war ein motivierender Anlass, man kann in der Parteifamilie auftreten, und das Wohlwollen ist gross», sagt er.
E-Mail vs. Telefon
Tatsächlich mussten sich die Kandidaten innerhalb der eigenen Reihen keinen kritischen Fragen stellen. Das dürfte sich spätestens in den Hearings bei den anderen Fraktionen ändern. Und schlussendlich wird die Wahl in Bundesbern entschieden – während sich Pfister an der Delegiertenversammlung zu Hause fühlt, behält Ritter dort seinen Heimvorteil.
Ob sich hier und da noch politische Gräben zwischen Ritter und Pfister auftun, wird sich wohl ebenfalls beim anstehenden Hearing-Marathon zeigen. Beides seien hervorragende Kandidaten, bekräftigt Fraktionspräsident Bregy. Und ja, sie würden sich auch politisch unterscheiden.
Ritter und Pfister beendeten die Fragerunde dann noch mit einer unterschiedlichen Antwort. Ob sie E-Mail oder Telefon bevorzugen würden? Ritter: «Im Moment noch E-Mail.» Pfister: «Telefon.» Was die Delegierten daraus schliessen sollen, blieb allerdings unklar.