Es hatte sich abgezeichnet: Der neu gewählte SVP-Bundesrat Albert Rösti (55) übernimmt das Umwelt- und Energiedepartement (Uvek). Karin Keller-Sutter (58, FDP) gibt das Justizdepartement (EJPD) ab und geht ins Finanzdepartement (EFD). Das EJPD erbt SP-Überraschungsbundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (58).
In den anderen Departementen bleibt alles beim Alten. Auch im Aussendepartement (EDA). Obwohl Ignazio Cassis (61) es seit der Beerdigung des EU-Rahmenabkommens kaum geschafft hat, beim EU-Dossier etwas zu reissen, und im Hintergrund Gespräche liefen, um einen Wechsel an der EDA-Spitze einzuleiten. So wurde Alain Berset (50) nachgesagt, er habe zwar anfangs ins EFD gewollt, dann aber aufs EDA geschielt.
Es wäre eine Rochade möglich gewesen: Der gelernte Arzt und frühere Sozialpolitiker Cassis hätte statt Berset das Innendepartement (EDI) übernehmen können, wo dieser wenig erreicht hat. Und Berset wäre Aussenminister geworden.
Doch daraus wurde nichts. Inzwischen heisst es gar, Bersets Wechselgelüste seien doch nicht so gross gewesen.
Umweltminister Rösti gibt zu reden
Am meisten zu reden gibt ohnehin, dass mit Rösti ausgerechnet der AKW-Befürworter, Auto-Freund und Öl-Lobbyist ins Klima- und Verkehrsdepartement kommt. Links-Grün spricht von einer Katastrophe.
Wahrscheinlich wird Rösti versuchen, den AKW-Neubau zu erlauben – und wohl scheitern. Und er könnte den klimafreundlichen Kurs seiner Vorgängerin Simonetta Sommaruga (62, SP) bremsen – Kurskorrekturen eines Super-Tankers wie des Uvek brauchen allerdings Zeit.
Atom-Doris schaffte den Ausstieg
Ausserdem kommt es oft anders, als man denkt: Es war just die als Atom-Doris bezeichnete Energieministerin Doris Leuthard (59, CVP), unter der der Atomausstieg beschlossen wurde. Deshalb sehen Politiker, die Rösti aus der Umweltkommission kennen, nicht so schwarz.
Linke und grüne Politiker hätten es aber dennoch gern gesehen, wenn Rösti an der Spitze des Justizdepartements die hohen Flüchtlingszahlen hätte rechtfertigen und dem «Asylchaos»-Vorwurf seiner eigenen Partei hätte widersprechen müssen.
Rösti muss sich aber auch im Uvek mit der SVP anlegen – so wird er den indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative verteidigen müssen, gegen den die SVP kämpft.
Bürgerliche haben sich durchgesetzt
Unter dem Strich hat sich bei der Departementsverteilung die bürgerliche FDP-SVP-Mehrheit durchgesetzt. Und schon vor der zweistündigen Sitzung am Donnerstag war klar gewesen, was die Mehrheit will.
Mit Blick auf die Wahlen im kommenden Herbst standen offensichtlich die Parteiinteressen im Vordergrund: Nun kann man Berset das Leben im EDI weiterhin schwermachen, und mit Baume-Schneider als Migrationsministerin bekommt die SVP eine neue Zielscheibe. Das soll die SP im Wahljahr schwächen – ganz im Sinn von FDP-Präsident Thierry Burkart (47).
Statt dass der Bundesratssitz von Ignazio Cassis verloren geht, könnte so in einem Jahr ein SP-Sitz wackeln – oder gar an die Grünen gehen, so die Hoffnung Bürgerlicher.
Geht Amherd vor Berset?
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Um einen Sitzverlust zu verhindern, soll Berset angeblich nicht so rasch gehen wie gedacht. Dies, weil ein amtierender Bundesrat kaum abgewählt werden dürfte.
Als wahrscheinlicher gilt, dass sich Viola Amherd (60) nach ihrem Präsidialjahr 2024 ins Wallis verabschiedet. Statt sich als einstige Verkehrspolitikerin ins Uvek einzuarbeiten, habe sie den bequemen Weg gewählt, im Verteidigungsdepartement zu bleiben. Das VBS hat ihr der Bundesrat zudem kürzlich mit einem Cybersicherheits-Zückerli versüsst.
Die Departementsverteilung bildet damit nicht nur die Kräfteverhältnisse im Bundesrat ab. Sie ist auch dem Umstand geschuldet, dass Wille und Mut, ein anderes Departement anzupacken, einzig bei Keller-Sutter ausgeprägt waren.