Demo-Ausnahme sorgt für Ärger
Spielt das Burka-Verbot dem Schwarzen Block in die Hände?

Bei der Umsetzung des Burka-Verbots schlägt der Bundesrat Ausnahmen für Demonstrationen vor. Damit trifft er teilweise auf völliges Unverständnis. Die Mitte kündigt bereits Widerstand an.
Publiziert: 21.10.2021 um 19:00 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2021 um 20:02 Uhr
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Im Frühling hat die Schweizer Bevölkerung die Initiative für ein Verhüllungsverbot angenommen – besser bekannt als Burka-Initiative.
Foto: Keystone

Mitte-Nationalrat Philipp Matthias Bregy (43) versteht die Welt nicht mehr. «Ernsthaft? Trotz Verhüllungsverbot soll man sich bei Demos weiterhin verhüllen dürfen?», fragt er auf Twitter. Der Grund für seinen Ärger ist der Vorschlag des Bundesrats zur Umsetzung des neuen Burka-Verbots. Wer an öffentlichen Orten sein Gesicht verhüllt, dem droht eine Busse. Doch: Ausgerechnet für Demos sieht die Regierung eine Ausnahme vor.

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Das Vorgehen des Bundesrats erstaunt. Denn neben verhüllten muslimischen Frauen störten sich die Initianten vom Egerkinger Komitee rund um SVP-Nationalrat Walter Wobmann (63) auch an verhüllten Demo-Teilnehmern. Die Landesregierung aber kommt zu einem anderen Schluss. Um Grundrechte wie Meinungsäusserungsfreiheit und Versammlungsfreiheit zu garantieren, sollen Demonstrierende von dem Verbot ausgenommen werden.

«Wir brauchen keine ‹Lex Schwarzer Block›!»

Sie hätten ein legitimes Interesse daran, ihr Gesicht nicht öffentlich zu zeigen, argumentiert der Bundesrat. Wenn sie nämlich «Diskriminierungen oder persönliche Nachteile befürchten müssen, wenn sie sich als Sympathisantinnen und Sympathisanten eines bestimmten Anliegens zu erkennen geben». Allerdings soll diese Ausnahme nur gelten, solange «die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht beeinträchtigt wird».

Dieser Punkt werde noch Diskussionen geben, meint auch Wobmann. «Ausnahmen können durchaus berechtigt sein – etwa, wenn sich jemand vor einem ausländischen Geheimdienst fürchten muss.» Ansonsten aber müsse das Verbot scharf formuliert und auf wenige konkrete Ausnahmen reduziert sein. «Es darf keinesfalls ein Gummi-Artikel sein, der Demonstrierenden Tür und Tor offen lässt.»

Mitte-Nationalrat Bregy wird da noch deutlicher. «Der Vorschlag des Bundesrats ist für mich in diesem Punkt nicht akzeptabel», stellt er klar. Unterstützung erhält er etwa von Mitte-Präsident Gerhard Pfister (59), Ida Glanzmann (63), Präsidentin der nationalrätlichen Sicherheitskommission, oder David Trachsel (26), dem Präsidenten der Jungen SVP Schweiz. Das Parlament werde hier nachbessern müssen, sagt Bregy. «Wir brauchen keine ‹Lex Schwarzer Block›!»

Verbot darf nicht anderen Grundrechten widersprechen

«Auch wir wollen Vermummungen an Kundgebungen zur Tarnung von Rechtsbrüchen verhindern», versichert Marc Schinzel vom Bundesamt für Justiz. «Der Gesetzesartikel darf aber nicht im Widerspruch zu anderen Grundrechten stehen.» Daher seien verschiedene Ausnahmen vorzusehen, wie es auch die Rechtssprechung des Bundesgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vorsehe.

Schinzel nennt verschiedene Beispiele: So könne mit Gasmasken für saubere Luft, mit Kuhmasken für eine naturnahe Tierhaltung oder mit personalisierten Masken gegen bekannte Politiker demonstriert werden. Solche bildliche Ausdrucksform falle unter die Meinungsäusserungsfreiheit. «Vermummte Chaoten dagegen fallen klar unter das Verbot», stellt Schinzel klar.

Ganz so klar scheint das allerdings nicht allen zu sein. (dba)

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