Im Unterengadin regt sich Widerstand gegen die Windkraftpläne des Kantons Graubünden. Dies, obwohl der Kanton vorerst nur mögliche Standorte für Windkraftwerke überprüfen liess.
Während die grossen Tourismus-Regionen die Pläne der Bündner Regierung mehrheitlich begrüssen, schlägt die Naturschutzorganisation Freie Landschaft Schweiz Alarm. Ähnliche Stimmen kommen aus dem Engadin. «Eine unverbaute Natur ist unser Kapital als Ferienregion. Touristen wollen hier keine riesigen Windräder sehen», sagt Not Carl (74), ehemaliger Gemeindepräsident von Scuol GR, und Anwalt für Energiefragen.
Fast 300 neue Facebook-Mitglieder in wenigen Tagen
Carl ist im Engadin bekannt und ebenso gut vernetzt. Er kämpfte bereits erfolgreich für die Erschliessung des Engadins mit Glasfaserkabeln und strebt nun eine Petition gegen Windkraftwerke in seinem Tal an.
Kurz nachdem die Pläne des Kantons bekannt wurden, gründete er deshalb eine Facebook-Gruppe. Die Gruppe hat nach weniger als zwei Wochen fast 300 Mitglieder – eine beachtliche Zahl für eine so schwach besiedelte Gegend wie das Engadin.
Angst um die Touristen
Laut Carl kommt ein Grossteil der Touristen aus dem nahen Bayern ins Unterengadin. Und diese seien bekanntlich keine grossen Fans von Windrädern. Die bayerische Politik wehrt sich seit Jahren vehement gegen Windkraftwerke und die Pläne der deutschen Bundesregierung zur Energiewende.
Aus diesem Grund fürchtet Carl, dass sich das Engadin mit einem grossen Windkraftwerk um die wichtigste Einnahmequelle bringen könnte – die Touristen von nah und fern.
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Zu wenig Wind und sehr viel Sonne
«Ich bin ein grosser Verfechter von erneuerbaren Energien», sagt er zu Blick. «Aber man muss die Energie am richtigen Ort, mit der richtigen Technologie gewinnen.» Damit spielt er auf ein von ihm initiiertes Solar-Projekt bei Scuol GR an – dieses wurde einstimmig vom Volk angenommen.
Dieses mache aus gleich zwei Gründen viel mehr Sinn als riesige Windturbinen. Einerseits gibt es im Unterengadin übermässig viel Sonne im Vergleich zum Rest der Schweiz. Und andererseits gebe es gar nicht genug Wind.
Und dann wären da noch die Bartgeier. Die grösste Schweizer Kolonie von Bartgeiern lebt im Unterengadin und für die einst ausgerotteten Riesenraubvögel stellen die Windturbinen eine tödliche Gefahr dar. «Wir haben eine der grössten Bartgeier-Populationen der Alpen – und Windräder sind regelrechte Bartgeier-Killer», sagt Carl. (shq)