Das sagt Wahlkampfchefin Lisa Mazzone zum Umfragetief der Grünen
«SVP schiesst scharf gegen uns»

Für die Grünen sieht es schlecht aus. Die neuste Wahlumfrage prophezeit eine noch herbere Niederlage als die bisherigen. Gibt sich die Grünen-Wahlkampfchefin Lisa Mazzone geschlagen?
Publiziert: 11.10.2023 um 19:55 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2023 um 17:40 Uhr
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Lisa Mazzone orchestriert den Wahlkampf der Grünen – und ist beunruhigt.
Foto: keystone-sda.ch
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Robin BäniRedaktor

Den Grünen droht eine herbe Wahlniederlage. Minus 3,5 Prozentpunkte prophezeit das neuste SRG Wahlbarometer. Mit dem Verlust hätte die Partei national einen Wähleranteil von 9,7 Prozent. Zwar liegt der Fehlerbereich der Umfrage bei plus/minus 1,2 Prozentpunkten. Aber es zeichnet sich ab, dass die grüne Welle von 2019 bricht. Gibt sich die Grünen-Wahlkampfchefin Lisa Mazzone (35) geschlagen?

Frau Mazzone, was läuft bei den Grünen falsch? Mit jeder Umfrage sinken die Wähleranteile.
Lisa Mazzone:
Im vorherigen Wahlbarometer haben wir uns verbessert, jetzt sind die Zahlen etwas gesunken. Das zeigt: Die Ausgangslage ist offen.

Seit März ist der Wähleranteil von 11,7 auf 9,7 Prozent gesunken.
Ich mache Ihnen ein Gegenbeispiel: Vor vier Jahren sagten uns die Umfragen 10 Prozent voraus. Gemacht haben wir über 13 Prozent. Die Umfragen haben uns massiv unterschätzt. Es ist also noch alles möglich! Kürzlich konnten wir 60’000 Personen für die Klimademo in Bern mobilisieren.

Trotz dieser Demo droht nun ein Verlust von 3,5 Prozentpunkten.
Deshalb müssen wir jetzt stark mobilisieren. Mich beunruhigt der drohende Rückschlag beim Klimaschutz. Alle jungen Leute, die sich eine lebenswerte Zukunft wünschen, und alle Frauen, die für mehr Gleichstellung kämpfen, sollten an die Urne – bevor es zu spät ist und es zu einem Klima-Backlash kommt.

Sie fürchten einen Klima-Backlash. Dabei ist die Klimafrage aus Sicht der Wählenden enorm wichtig. Nur die steigenden Krankenkassenprämien beunruhigen die Leute stärker.
Wir sind die Einzigen, die seit 40 Jahren konsequent für das Klima politisieren. Haben Sie im Parlament sonst jemanden darüber sprechen hören?

Ja, zum Beispiel die SP.
Wir arbeiten mit der SP zusammen. Aber es ist klar, dass das Klima unsere erste Priorität ist. Das ist bei der SP anders.

Und doch schaffen Sie es nicht, die Leute zu mobilisieren. Auch Ihre Wahl-App scheint ein Flop zu sein.
Nein, überhaupt nicht. Wir haben ein Drittel mehr Mitglieder seit 2019 und treten mit 600 Kandidierenden an, ein neuer Rekord. Auch auf der App engagieren sich über 2600 Personen.

Müssen Sie sich nicht fragen, ob Sie am Volk vorbei politisieren?
Die Bürgerlichen reden den Klimawandel klein. Und das mit einer Aggressivität und Härte, die ich bisher so nicht gekannt habe. Vor allem die SVP schiesst scharf gegen uns.

Welche Schuld tragen die Klimakleber am drohenden Absturz? Die Aktivisten gelten als drittgrösstes Ärgernis der Schweizer.
Das ist ein Ablenkungsmanöver, um nicht über die mangelnden Klimamassnahmen zu sprechen. Was wirklich ein Problem ist: Es gibt keinen Plan zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Die bürgerliche Mehrheit im Parlament stemmt sich dagegen.

Sie schieben die Verantwortung für den drohenden Wahlabsturz auf die Bürgerlichen. Dabei stehen nur 40 Prozent der Grünen-Wählenden hinter Balthasar Glättli. Damit bildet er das Schlusslicht aller Parteipräsidenten. Ist er der richtige Mann an der Spitze?
Wir tragen die Verantwortung als Kollektiv. In unserer Partei gibt es nicht nur einen Leader, sondern viele Köpfe, die leiten.

Aber wenn sich die Umfragewerte als zutreffend erweisen, muss jemand die Verantwortung tragen. Tritt Glättli dann zurück?
Es ist normal, dass man sich diese Frage nach einer Legislatur stellt. Aber wir sind kein Fussballteam, das einfach den Trainer wechselt und hofft, alles werde besser.

Wie steht es um die Bundesrats-Ambitionen? Fraktionspräsidentin Aline Trede hat gesagt, dass die Grünen keinen Anspruch erheben, wenn sie unter 10 Prozent fallen.
Diesen Entscheid wird die neu gewählte Fraktion nach den Wahlen fällen.

Das heisst, Sie schliessen nicht aus, dass Sie trotzdem kandidieren?
Wir lassen uns nicht von einer Umfrage einschüchtern – was zählt, ist das Resultat an der Urne. Unser Sitz ist viel legitimer als der zweite Sitz der FDP. Das Klima braucht eine Stimme im Bundesrat.

Haben Sie ein Notfallkonzept, um das Ruder vor dem Tag X noch herumzureissen?
Wir lancieren die Kampagne «1000 Frauen fürs Klima» mit Ökonominnen, Weinbäuerinnen und Künstlerinnen. Und das Wichtigste ist: auf die Strasse, auf die Strasse, auf die Strasse. Für Klimaschutz statt Rechtsrutsch!

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