«Mir ist klar, dass die nächsten Jahre nicht einfach werden»
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Nach Wahl zur SRG-Direktorin:«Die nächsten Jahre werden nicht einfach»

Das Porträt
Steht SRG-Chefin Susanne Wille vor einer Mission Impossible?

Susanne Wille hat eine historische Transformation angekündigt: Sie will 270 Millionen Franken einsparen und die Sender digital neu ausrichten.
Publiziert: 29.03.2025 um 17:53 Uhr
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Aktualisiert: 29.03.2025 um 18:12 Uhr
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Susanne Wille steht vor vielen Herausforderungen: sinkende Werbeeinnahmen, schrumpfende Zuschauerzahlen und politischer Druck.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

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Anne-Barbara Luft
Bilanz

Es ist der 12. März. Die Bundesversammlung wählt Martin Pfister zum neuen Bundesrat. Schweizer Fernsehen und Radio sind auf allen Kanälen dabei; berichten live aus dem Nationalratssaal in Bern, analysieren, ordnen ein, interviewen den frisch gewählten Bundesrat. Öffentlich-Rechtliches at its best.

Susanne Wille ist begeistert. Die ehemalige Politik-Journalistin schaut und hört in alle Sender rein. An einem Tag wie diesem kann die SRG glänzen, die Einschaltquoten schiessen in die Höhe. Doch es gibt nicht jeden Tag eine Bundesratswahl oder ein glorioses Lauberhornrennen oder ein ESC-Finale mit Schweizer Besetzung. An allen anderen Tagen kämpft die SRG mit sinkenden Zuschauerzahlen. Die Einnahmen aus Werbung und Sponsoring sinken damit im Einklang. Gleichzeitig steigt der politische Druck. Das alles soll die neue Frau an der Spitze lösen.

270 Millionen Franken sparen

Susanne Wille hat die Herausforderung unerschrocken angenommen. Gleich am ersten Tag legt sie sich die Messlatte extrem hoch. Sie will das Schweizer Fernsehen und Radio grundlegend umbauen. Es soll die «grösste Transformation in der Geschichte der SRG» werden. Bis 2029 will sie die gigantische Summe von 270 Millionen Franken einsparen – das entspricht rund 17 Prozent des Budgets. Zu viel Geld, um Sparziele an die einzelnen Konzerneinheiten zu verteilen. Es braucht eine historische Transformation. Die Kernfrage lautet: Wie muss die SRG der Zukunft aussehen, um trotz engerem Finanzrahmen stark zu sein? Das Projekt erhält den rätoromanischen Namen «Enavant»: Nach vorn.

Artikel aus der «Bilanz»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Bilanz» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du unter bilanz.ch.

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Bilanz» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du unter bilanz.ch.

Die Ankündigung verfehlt ihre Wirkung nicht. Wille erntet Applaus für ihre Offenheit und Transparenz. Sie ist die erste SRG-Chefin, die sich einer neuen Finanzlage ohne Heulen und Zähneknirschen stellt. Eine gänzlich neue Haltung in der Teppichetage der SRG. Ihr Vorgänger Gilles Marchand reagierte auf Sparforderungen mit Gejammer und Empörung, mimte laut «NZZ» den «sterbenden Schwan». Marchand kündigte zwar Sparprogramme an, gab schlussendlich aber mehr aus.

Schon dessen Vorgänger Roger de Weck musste Millionen einsparen, doch das war nur ein Vorgeschmack auf das, was das jetzt bevorsteht. Auf einem ganz anderen Trip war Armin Walpen. Er führte die SRG auf einen masslosen Expansionskurs. Defizite in zweistelliger Millionenhöhe waren damals kein ausreichender Grund für Bescheidenheit.

Seit Jahren ist auch SRF-Chefin Nathalie Wappler zum Umbauen und Sparen gezwungen – am Leutschenbach folgt ein Programm aufs nächste. Der Frust unter den Journalisten ist gross. Wappler, von der man kaum noch etwas hört, sei froh, dass nun Wille die unangenehmen Entscheidungen treffe, munkelt man.

Wie will sie das schaffen?

Willes Botschaft ruft aber auch Skeptiker auf den Plan. Wie will sie das schaffen? Wenn Susanne Wille im Laufe ihrer Karriere eines bewiesen hat, dann dies: dass sie vor grossen Herausforderungen nicht zurückschreckt. Was sie anpackt, zieht sie durch und ist immer an ihren Aufgaben gewachsen. Doch dieses Mal könnte sie tatsächlich auf einer Mission Impossible sein.

Keiner von Willes Vorgänger, darunter Gilles Marchand (im Bild), schaffte es, Sparprogramme umzusetzen.
Foto: Keystone-Sda.ch

Wille wächst in Villmergen AG auf. Sie studiert Anglistik und Geschichte – zuerst in Freiburg, dann in Zürich. Neben dem Studium arbeitet sie als Flight Attendant bei der Swissair. Finanziert so ihr Studium und lernt die Welt kennen. Als 25-Jährige beginnt ihre TV-Karriere bei Tele M1. Beim aargauischen Lokalsender jobbt sie als Videojournalistin, sechs Monate später übernimmt sie ihre eigene Talksendung, nach einem Jahr wird sie eine der Frontfrauen des Privatsenders. Schon zwei Jahre später ergattert sie den begehrten Job als Moderatorin und Reporterin von «10 vor 10».

Das Debüt beim Schweizer Fernsehen gelingt. Wille kommt beim Publikum sehr gut an. Sie ist kompetent und authentisch. Auch heute hat sie keine Allüren, im Gegensatz zu einigen anderen TV-Persönlichkeiten. Wille ist bescheiden, immer freundlich und kommt mit allen gut aus.

Nach Stationen als Bundeshauskorrespondentin und Moderatorin der «Rundschau» übernimmt sie erste Managementaufgaben bei der digitalen Transformation des Newsrooms. 2020 wird sie Chefin der SRF-Kulturabteilung, im selben Jahr die Stellvertreterin von SRF-Chefin Wappler. Damals führt sie zum ersten Mal eine Reorganisation mit Sparmassnahmen durch und stellt ihre Fähigkeiten als Managerin unter Beweis. Wille bildet sich regelmässig weiter, an der Harvard Business School, am Massachusetts Institute of Technology, und vor zwei Jahren erwirbt sie einen Executive MBA am IMD in Lausanne.

Sie will jeden Tag Neues lernen. Nach dem Aufstehen nimmt sie sich 15 Minuten Zeit, etwas zu lesen, das nicht direkt mit der Arbeit zu tun hat – das können Bücher zu Verhandlungstaktik, künstlicher Intelligenz, Quantenphysik oder ein Roman sein. «Das brauche ich, um mir von ganz verschiedenen Stellen Inspirationen zu holen», erklärt sie ihr Morgenritual.

Ihre wichtigste Energiequelle ist die Familie, das gemeinsame Abendessen mit den drei Kindern – zumindest an jenen Abenden, an denen sie nach Hause kommt. Dort hält Ehemann Franz Fischlin ihr den Rücken frei, während sie mit Transformation, politischem Prozess und Tagesgeschäft jongliert. Vor drei Jahren hat der ehemalige SRF-Moderator seinen TV-Job gekündigt und sich selbstständig gemacht. Die Liebesgeschichte der beiden Moderatoren begann vor mehr als 20 Jahren beim SRF.

Zwei Cost-Cutterinnen: Nathalie Wappler (links) und Susanne Wille haben schon beim SRF in der Geschäftsleitung zusammengearbeitet.
Foto: keystone-sda.ch

Kraft tankt Wille auch beim Schwimmen und Joggen. Als Teenagerin war sie für ein Auslandsjahr in den USA, wohnte bei einer Gastfamilie in der Nähe von San Francisco. Sie war Mitglied des Schwimmteams – kehrte allerdings ohne Medaillen, dafür mit Highschool-Abschluss in die Schweiz zurück. Schwimmen ist bis heute ihre Leidenschaft.

Von der Videojournalistin zur Moderatorin, vom Lokalsender zur landesweiten Nachrichtensendung, von der Reporterin zur Kulturchefin – vor neuen Herausforderungen schreckt Wille nicht zurück. Alles, was sie anpackt, scheint ihr zu gelingen. Skeptiker belehrt sie immer wieder eines Besseren. So scheint von aussen, als wäre sie leichtfüssig die TV-Karriereleiter hochgestiegen. Sie selbst sieht das anders: «Wenn ich auf mein Leben schaue, sehe ich ganz viele Hürden, die ich überwinden musste.» So habe sie sich einen gesunden Umgang mit Kritik angeeignet.

Mission Impossible

Wille ist ehrgeizig, und man nimmt ihr ab, dass sie die Transformation wirklich schaffen will. Dass sie gleich am Tag ihres Amtsantritts das Sparziel von 270 Millionen Franken verkündete, kam nicht bei allen gut an. «Etwas sollte man als neuer CEO am ersten Tag niemals tun – Ziele anzukündigen, die man nicht erreichen kann», urteilt Medienjournalist Kurt Zimmermann. Doch woher kommt diese gigantische Zahl überhaupt?

Die SRG finanziert sich zu mehr als 80 Prozent aus den Medienabgaben. Im vergangenen Sommer hat der Bundesrat entschieden, die Radio- und Fernsehabgabe für Haushalte bis 2029 auf jährlich 300 Franken zu senken und mehr Unternehmen von der Gebührenpflicht auszunehmen – laut Medienminister Albert Rösti schmälert dies das Budget um etwa 120 Millionen Franken. Gleichzeitig sinken die Einnahmen aus Werbung und Sponsoring. Eine Herausforderung, mit der alle Medienhäuser in der Schweiz zu kämpfen haben, nicht nur die öffentlich-rechtlichen. Wille setzt dafür ein Minus von rund 90 Millionen Franken an. Zusätzlich wären Sparmassnahmen in Höhe von 60 Millionen Franken nötig, um kumulierte Inflationseffekte zu kompensieren. Kurt Zimmermann, der die Schweizer Medienbranche seit Jahrzehnten analysiert, hält diese Schätzungen für zu dramatisch.

Sparpotenzial gesucht!

Wo man heute bei der SRG noch so viel sparen kann, bereitet Experten Kopfzerbrechen. «Viele Synergien, etwa zwischen den Sprachregionen, sind schon ausgeschöpft», sagt Medienforscher Manuel Puppis. Der Professor für Medienstrukturen und Vizepräsident der Eidgenössischen Medienkommission ist davon überzeugt, dass die angestrebten Einsparungen ohne deutliche Konsequenzen für das Programm nicht möglich sind. Auch im Bereich Technik wurde schon viel gestrichen. Immer öfter gehen statt ganzer Kamerateams nur noch Journalisten mit dem Smartphone an Termine. «Die Digitalisierung hat schon viele Einsparungen ermöglicht», sagt Puppis. Bei der SRG habe man vieles vom VJ-Konzept von Roger Schawinski von TeleZüri übernommen.

Charakteristisch für die Organisation der SRG ist der föderale Aufbau. Es gibt Studios in zahlreichen Regionen und Städten mitsamt administrativem Überbau; ein grosser Kostenblock. «Das war politisch immer gewollt», erklärt Manuel Puppis. Dort wären zwar nennenswerte Einsparungen möglich, doch bei Zusammenlegungen wäre mit massivem Protest zu rechnen.

Umgerechnet in Vollzeitstellen, entspricht der Sparbetrag von rund 17 Prozent des Budgets etwa 1000 Jobs. Eine grobe Schätzung, doch dass es zu einem massiven Abbau von Stellen kommen wird, ist sehr wahrscheinlich. «Der SRG-Apparat ist aufgebläht», betont Kurt Zimmermann. Das habe weniger mit den Strukturen als mit der Überfülle an Mitteln zu tun. Tatsächlich hat die SRG in den vergangenen Jahren Personal aufgebaut, während gleichzeitig das Programm gestrafft wurde.

Wille arbeitete fast ein Vierteljahrhundert beim SRF und ist dort deshalb bestens vernetzt. Nun ist sie verantwortlich für mehr als 7000 Mitarbeitende bei regionalen Sendern in der Romandie, dem Tessin und der rätoromanischen Schweiz, bei Swiss TXT und Swiss Info. Direkt nach ihrem Amtsantritt geht sie daher auf eine «Tour de Suisse», besucht die Standorte im ganzen Land. Menschen treffen, Kulturen kennenlernen und Raum schaffen für Fragen, denn davon gibt es derzeit viele: Was kommt auf uns zu? Wird es meinen Job noch geben?

Nicht auf alle Fragen gibt es heute schon Antworten. «Ich habe aufgezeigt, wie wir diesen Prozess gestalten, welches unsere Grundsätze sind und wie die Zeitachse aussieht.» Kommunikation ist eine von Willes Stärken. Sie hat ein beneidenswertes Namensgedächtnis, erinnert sich an Begegnungen und Anekdoten und stellt so schnell eine Verbindung zu ihren Gesprächspartnern her.

In der Generaldirektion in Bern, wenig charmant gelegen an einem Autobahnzubringer, ist Susanne Wille völlig neu. Sie war bisher nicht in der Geschäftsleitung der SRG, und das könnte ein Vorteil sein: In Bern erwarteten sie weder Seilschaften noch verbrannte Erde. Ihr wird daher ein frischer Blick attestiert. Ausserdem hat sie darauf verzichtet, sofort Top-Positionen zu räumen und mit ihren Spezis zu besetzen. Doch genau das müsse passieren, finden einige Beobachter. «Als Erstes müsste sie an der Spitze einige Wechsel vornehmen», fordert jemand, der die SRG sehr gut kennt. Die Medienkompetenz sei deutlich zu tief.

Einige Sesselwechsel in der Führungsetage gab es aber. So ist Edi Estermann, seit 2017 Leiter der SRG-Medienstelle, nun Kommunikationschef des Eurovision Song Contest. Nach dem Event im Mai wird er der SRG den Rücken kehren. Auch Bakel Walden verlässt die SRG-Geschäftsleitung. Er war zuständig für Entwicklung und Angebot und trieb die digitale Transformation voran. Angeblich waren Estermann und Walden mit Willes Vorstellungen des Umbaus nicht einverstanden.

Emotionale Reaktionen

«Führungsverantwortung bedeutet, transparent zu sein», sagt Wille, und so handelt sie auch. Die Transformation der SRG findet nicht hinter verschlossenen Türen statt. Doch so werden alle Entscheide in der Öffentlichkeit diskutiert, Kritik ist programmiert. Bei «Enavant» wird jede Massnahme erwogen – Änderungen beim Programm sollen aber immer der letzte aller Schritte sein. Streichungen lösen stets heftige Reaktionen aus, wie man in den vergangenen Monaten bei SRF-Sparmassnahmen im Zusammenhang mit der Reduktion des Teuerungsausgleichs gesehen hat. So hat die angekündigte Einstellung der Gesellschaftssendung «G&G – Gesichter und Geschichten» nicht nur bei der Schweizer Cervelat-Prominenz emotionale Reaktionen ausgelöst. Im Internet wurde eine Petition für den Fortbestand der People-Sendung lanciert und mehrere Tausend Unterschriften gesammelt.

Genug «Gesichter und Geschichten»: Joel Grolimund, Jennifer Bosshard, Tanya König und Michel Birri (v.l.) sind noch bis Juni mit «G&G» auf Sendung.
Foto: SRF

Für viel Kritik sorgte auch das Ende des «Wissenschaftsmagazins» im Radio. ETH-Klimaphysiker Reto Knutti richtete sich zusammen mit 19 weiteren Forschenden in einem offenen Brief an die SRF-Leitung und rief zu einer Demonstration in Basel auf. Es vergeht kein Tag, an dem keine Kritik in Susanne Willes Postfach landet. Schon als Kulturchefin des SRF hat sie das Programm umgebaut. Es hagelte offene Briefe, Petitionen und Beschwerden, doch Wille nimmt auch negatives Feedback offen entgegen: «Die SRG gehört allen, also dürfen auch alle ihre Meinung kundtun.»

Forscher sind empört: Ab 2026 berichtet Redaktor und Moderator Christian von Burg nicht mehr.
Foto: SRF

Wille kommt vom Privatfernsehen und weiss, wie anspruchsvoll das Geschäft ist. Schon am Tag ihrer Wahl zur Generaldirektorin betonte sie, dass eine starke SRG starke private Medien brauche. «Wir haben viele gemeinsame Interessen. Private und SRG sollten gemeinsam denken», findet Wille. Bei den Verlegern kommt das gut an. «Wir Verleger haben während 20 Jahren immer wieder mit der SRG gesprochen, und es ist nie viel passiert», sagt Andrea Masüger, Verwaltungsrat von Somedia und Präsident des Verlegerverbands. Susanne Wille habe von Beginn an signalisiert, dass sie ernsthaft mit den Privaten reden will. Für Masüger ein klares Signal für einen Aufbruch. «Der Medienplatz Schweiz ist durch die Einflüsse von Social Media, Fake News und vor allem auch KI gefährdet», sagt er. Seite an Seite mit der SRG müssten die privaten Medienhäuser der Bevölkerung klarmachen, dass die Schweizer Medien einen seriösen, professionellen Journalismus machten und deshalb für die Demokratie wichtig seien.

Digitale Schubkraft

Weniger zufrieden ist Masüger mit dem Ausbau des Onlineangebots der SRG: «Hier werden die privaten Medien konkurrenziert, und die SRG finanziert diese Konkurrenz durch Gebührengelder. Die SRG erstellt und verbreitet online Inhalte, welche auch private Medien anbieten können – statt die Inhalte privater Medien so zu ergänzen, dass die Bevölkerung ein möglichst vielfältiges Medienangebot erhält.»

Selbstverständlich steht die Stärkung der Onlinepräsenz weit oben auf Willes To-do-Liste. «Wir müssen noch mehr digitale Schubkraft entwickeln», weiss sie. Bereits heute nutzen die Hälfte aller Menschen in der Schweiz die digitalen Angebote der SRG – es ist also nicht allein eine Generationenfrage. Doch die jüngste Zielgruppe, die weder fernsieht noch Radio hört und die SRG nur digital nutzt, hat sich innerhalb eines Jahres von 12 auf 22 Prozent fast verdoppelt. Diese kann man über die traditionellen Kanäle kaum noch erreichen. Ein strategisches Schlüsselprojekt ist die neue Streamingplattform Play Next, die den 2020 lancierten Video-on-Demand-Dienst Play Suisse ersetzen wird. Das neue mehrsprachige Angebot soll Zuschauern Zugang zum gesamten Fernseh- und Radioangebot ermöglichen und zur führenden Streamingplattform in der Schweiz werden.

Eine weitere Grossbaustelle ist die ständig wiederkehrende Debatte über die obligatorischen Gebühren. Fünf Jahre nach der abgelehnten «No Billag»-Initiative reichten SVP, Gewerbeverband und Jungfreisinnige 2023 die nächste Initiative ein. Das Komitee, angeführt von den SVP-Politikern Thomas Matter, Marco Chiesa und Gregor Rutz, fordert eine Reduktion der Gebühren auf 200 Franken jährlich und eine Abschaffung der Gebühren für Firmen. Abgestimmt wird voraussichtlich im kommenden Jahr.

Eine Herausforderung, die gut zu Wille passt. Sie war viele Jahre Bundeshauskorrespondentin für die «Rundschau», hat zahlreiche Wahlsendungen moderiert – von Politikern lässt sie sich nicht einschüchtern. Ihr Netzwerk in Bundesbern war sicher einer der Pluspunkte bei ihrer Wahl zur neuen Generaldirektorin. Ebenso wichtig wird es sein, die Bevölkerung abzuholen. Das kann Wille gelingen. Sie ist bekannt und wird für ihre Authentizität. Trotzdem hängt die Initiative wie ein Damoklesschwert über dem Transformationsprozess. «Mein Job ist es, die SRG unabhängig von der Initiative neu aufzustellen», ordnet Wille ein. In dieser Debatte kann sie auf treue Mitstreiter bauen. Dazu zählt Martina Fehr, Chefin des MAZ, dem renommierten Institut für Journalismus und Kommunikation in Luzern. «Ich möchte einen starken Medienplatz Schweiz haben», sagt sie. «Natürlich kann man immer irgendwo sparen, aber einen starken öffentlich-rechtlichen Sender, der wirklich Vielfalt bietet, den sollten wir uns leisten.» Ebenso wie Fehr engagiert sich auch Helvetas-Präsidentin Regula Rytz im Co-Präsidium der «Allianz Pro Medienvielfalt».

Programm in vier Sprachen

Ein wichtiger Service-public-Befürworter ist Mitte-Nationalrat Martin Candinas, der regelmässig das klassische Argument bringt: Die SRG produziere ein Vollprogramm für die drei grossen Sprachregionen plus Sendungen auf Rätoromanisch. Zwar kommen 73 Prozent aller Gebühren aus der Deutschschweiz, doch nur gut 40 Prozent bleiben hier. Mit dem Rest wird das Medienangebot in den anderen Regionen finanziert, das sich sonst nicht rechnen würde.

Die Erwartungen an Susanne Wille sind hoch. Für ihre Ankündigung im vergangenen November hat sie Vorschusslorbeeren geerntet und wichtige Verbündete für das Projekt «Enavant» mobilisiert. Dieses Momentum muss sie jetzt nutzen, bevor sich Gegenspieler und Bremser in Position bringen und ihr vorwerfen, sie sei eine Ankündigungsministerin.

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