Die Mehrheit des Schweizer Stimmvolks nimmt den Fuss vom Gaspedal: Die Autobahn-Vorlage fällt an der Urne durch. Es ist eine bittere Niederlage für SVP-Verkehrsminister Albert Rösti (57). Was bedeutet das nun? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.
Welche Autobahn-Abschnitte hätten ausgebaut werden sollen?
Um Engpässe zu beseitigen, hätten folgende Abschnitte ausgebaut werden sollen:
- A1 zwischen Wankdorf und Schönbühl BE: Ausbau von sechs auf acht Spuren
- A1 zwischen Schönbühl und Kirchberg BE: Ausbau von vier auf sechs Spuren
- Rosenbergtunnel (A1) bei St. Gallen: Bau dritter Röhre und Zubringer zum Güterbahnhof
- Fäsenstaubtunnel (A4) bei Schaffhausen: Bau zweiter Röhre
- Neuer Rheintunnel (A2) zwischen Birsfelden BL und Kleinhüningen BS
- A1 zwischen Le Vengeron GE und Nyon VD: Ausbau von vier auf sechs Spuren und neue Zubringer
Wie viel Geld hat der Bund bereits dafür ausgegeben?
500 Millionen Franken hat der Bund für die Planung bezahlt. Die Gesamtkosten für den Bau der Projekte hätten sich auf 4,9 Milliarden Franken belaufen.
Werden die Ausbau-Projekte jetzt eingestampft?
Nein. Aber zumindest als «Paket-Lösung» sind sie nach dem Volks-Nein vom Tisch. Einzelne Projekte könnten es in den nächsten Ausbauschritt schaffen. So oder so wird sich der Ausbau damit aber um Jahre verzögern – mit Folgen für andere Projekte, die beim Bund bereits in Planung sind.
Ist der Entscheid ein Grundsatz-Nein zum Autobahnausbau?
Auch wenn es das Nein-Komitee gerne so darstellte: Das Referendum richtete sich nicht grundsätzlich gegen den Autobahnausbau, sondern nur gegen die sechs Projekte dieses Ausbauschrittes. Dennoch dürfte der Entscheid Signalwirkung haben. Verkehrsminister Rösti räumte bereits im Abstimmungskampf ein: «Ein Nein bedeutet, dass zukünftige Projekte es schwieriger haben werden.»
Wetzen die Ausbau-Gegner nun also die Messer?
Ein «Weiter so» dürfe es nicht geben, sagen die Gegner. Links-grüne Kreise um den Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) und die Organisation Umverkehr hatten das Referendum ergriffen. Für sie ist klar: Nach dem erfolgreichen Referendum sei ein Marschhalt beim Ausbau der Autobahnen angezeigt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch weitere Ausbau-Projekte per Referendum bekämpft werden. Die Menschen wollten eine andere Mobilität, sagt etwa SP-Co-Chefin Mattea Meyer (37).
Welche Ausbauten wären als nächstes an der Reihe gewesen?
Hier will sich der Bund nicht in die Karten schauen lassen. Doch es gibt heisse Kandidaten: Im Rennen sind unter anderem die Oberlandautobahn und die Glatttalautobahn in Zürich oder ein Sechsspur-Ausbau im Aargau.
Wie geht es damit weiter?
Es ist denkbar, dass der Bund im nächsten Ausbauschritt Projekte, die an der Urne gescheitert sind, mit solchen kombiniert, die als Nächstes an der Reihe gewesen wären. Im Fokus dürften laut Blick-Informationen dabei Projekte stehen, die unumgängliche Sanierungen abfedern – zum Beispiel der Fäsenstaubtunnel in Schaffhausen. Wird er saniert, ohne vorher eine weitere Röhre zu bauen, sind Staus und Ausweichverkehr programmiert.
Ist nach dem Volks-Nein überhaupt noch Geld für Ausbauten da?
Grundsätzlich ja. Finanziert wird der Ausbau nicht aus der Bundeskasse, sondern aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF). Das Geld kommt vollumfänglich von den Automobilisten, zum Beispiel über die Autobahnvignette, die Motorfahrzeugsteuern und die Mineralölsteuer.
Könnte das Geld nicht anders eingesetzt werden?
Die NAF-Mittel dürfen nur für den Betrieb, den Unterhalt und den Ausbau der Autobahnen sowie für den Agglomerationsverkehr verwendet werden. Nach dem Volks-Nein wird im Bundeshaus nun die Frage ins Zentrum rücken, wo hier die Prioritäten gesetzt werden. Die Ausbau-Gegner fordern: Das vorhandene Geld solle besser für den Unterhalt der bestehenden Infrastruktur und die Agglomerationen ausgegeben werden.