Am 1. Januar hat SP-Bundesrat Alain Berset (50) von FDP-Magistrat Ignazio Cassis (61) das Amt des Regierungschefs der Schweiz übernommen. Für ein Jahr wird der Freiburger damit zum Primus inter Pares, zum Ersten unter Gleichen in der Landesregierung.
Für den seit 2012 als Bundesrat amtierenden Berset ist die Rolle des Bundespräsidenten kein Neuland. Schon 2018 führte er das Regierungsgremium. Ihn erwartet 2023 erneut ein Posten, der mit allerlei Pflichten und Privilegien verbunden ist. Diese sind im sogenannten Aide-mémoire für die Bundesratsmitglieder festgehalten.
30'000 Franken Spesenpauschale
Per 2023 erhalten die Bundesräte eine kräftige Lohnerhöhung. Denn ihre Besoldung wird jeweils analog der Löhne des Bundespersonals an die Teuerung angepasst. Auf die aktuelle Grundbesoldung kommt ein Teuerungsausgleich von 2,5 Prozent obendrauf – über 11'000 Franken!
Die drei Frauen und vier Männer müssen also nicht darben: Das Bruttojahreseinkommen eines Bundesrats beträgt im nächsten Jahr 468'275.70 Franken. Dazu kommt eine Spesenpauschale von jährlich 30'000 Franken.
Berset darf sich in seinem Präsidialjahr zudem über einen weiteren Zustupf von 12'000 Franken freuen. Fürs ganze Jahr, nicht pro Monat.
Viele Repräsentationspflichten
Alain Berset repräsentiert den Bundesrat im Jahr 2023 im In- und Ausland. So kann er grundsätzlich an sämtlichen internationalen Konferenzen teilnehmen sowie Einladungen von Staatsoberhäuptern und Regierungschefs annehmen. Im Vergleich zu den Vorjahren dürfte die Corona-Pandemie diesmal weniger Einfluss auf die Reiseplanung haben.
Zu den Pflichten im Inland gehören in der Regel auch ein bis zwei Staatsbesuche sowie weitere offizielle Reisen wie Höflichkeitsbesuche. Auch der Neujahrsempfang der ausländischen Botschafter sowie zwei Anlässe mit dem diplomatischen Korps stehen auf dem Programm. Hinzu kommt die Übergabe der Beglaubigungsschreiben an ausländische Botschafter, die ebenfalls der Bundespräsident vornimmt.
Viele Reden
Auch einige präsidiale Aufgaben mit Repräsentationscharakter gehören zum Programm Bersets: etwa die Neujahrsansprache, je ein Präsidialdinner mit der Bundeshaus- und der Auslandspresse, die 1.-August-Ansprache «an das Schweizervolk» und «an die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer» oder die Rede zum Tag der Kranken.
Damit die Last nicht zu gross wird, kann der Bundesrat aber auch seine übrigen Mitglieder sowie den Bundeskanzler mit Repräsentationsaufgaben betrauen.
In dringenden Fällen entscheidet er allein
Als Bundespräsident leitet der SP-Mann die in der Regel wöchentlichen Bundesratssitzungen. Er ist zusammen mit der Bundeskanzlei für «eine optimale Sitzungsvorbereitung für einen effizienten und ergebnisorientierten Sitzungsverlauf» zuständig. An diesen fällt die Landesregierung ihre Entscheidungen.
Muss aber wegen einer speziellen Lage – wie etwa zu Corona-Zeiten – ein ausserordentliches Entscheidungsverfahren durchgeführt werden, entscheidet der Bundespräsident in Rücksprache mit der Bundeskanzlei, ob eine ausserordentliche Sitzung oder eine Telefonkonferenz einberufen wird; oder ob das Ganze allenfalls im Zirkularverfahren abgehandelt werden kann.
In dringlichen Notlagen darf Berset auch allein sogenannte Präsidialentscheide fällen, muss diese aber im Nachhinein von den Kollegen absegnen lassen.
Sitzungsleitung in Bern und extra muros
Er legt zudem fest, ob und wann Bundesratssitzungen extra muros – also ausserhalb Berns – abgehalten werden. Seit 2010 sind solche Sitzungen Tradition, um die Verbundenheit mit den diversen Landesteilen auszudrücken, denn in der Regel gehört ein Treffen mit der Bevölkerung zum Programm.
2019 zum Beispiel ging es nach Zürich. 2020 hingegen gab es wegen Corona keine derartige Extra-Sitzung. 2021 genoss der Bundesrat eine Sitzung in Luzern, 2022 setzte der diesjährige Bundespräsident Cassis gleich zwei Bundesratssitzungen ausserhalb Berns an: Im April liess er eine Sitzung extra muros im Kanton Genf und im Oktober im Kanton Graubünden abhalten. Mal sehen, wohin die Tradition Berset in diesem Jahr führen wird.
Berset hat freie Reisewahl
Einmal im Jahr wird der Bundespräsident zum Reiseleiter. Dann nämlich, wenn die jährliche Bundesratsreise ansteht. Zumindest im ersten Präsidialjahr stellt er seinen Kolleginnen und Kollegen jeweils seinen Herkunftskanton vor. 2018 führte Berset seine Gspänli denn auch in den Kanton Freiburg. 2023 hat der Sozialdemokrat nun freie Wahl, wohin die Reise geht.
Dem Bundespräsidenten kommt zudem ein besonders schönes Privileg zu: Er darf 5000 Franken aus dem Präsidialfonds «zur Unterstützung notleidender Personen oder wohltätiger Organisationen» spenden – ganz nach eigenem Gutdünken.