Nach dem Vorstellungsgespräch kanns beim Bund schnell intim werden. Künftige Beamte sowie Soldaten, die mit besonders heiklen oder geheimen Informationen zu tun haben, werden vom Verteidigungsdepartement (VBS) in einem Sicherheitscheck durchleuchtet. Die VBS-Prüfer machen dabei auch vor dem Sexleben nicht halt.
Neu will der Bund in einer Verordnung festschreiben, dass auch Fragen zur Intimsphäre und Sexualität Bestandteil der Sicherheitsüberprüfung von Beamten und Armeeangehörigen sein können. Das berichtet der «Tages-Anzeiger». Die Kantone und andere betroffene Kreise hatten bis am Donnerstag Zeit, Stellung zu den vorgeschlagenen Änderungen zu beziehen.
Frage der Erpressbarkeit
Laut «Tages-Anzeiger» ist es schon heute Praxis, dass das VBS in gewissen Fällen das Sexleben der Bundes- und teilweise auch Kantonsangestellten unter die Lupe nimmt. Nun soll die Praxis rechtlich untermauert werden.
Doch was interessiert die Personenprüfer des Bundes das Sexleben von Beamten und Soldaten? Das VBS sagt, es gehe darum, mögliche Erpressbarkeit zu erkennen. Wenn jemand beispielsweise seine sexuelle Ausrichtung nur im Geheimen, zwanghaft oder als Sucht lebe. Oder wenn sich bei jemandem Schulden wegen Pornokonsums anhäufen oder jemand über Schattenkonten Bordellbesuche finanziere.
Das VBS geht auf Nachfrage davon aus, dass künftig pro Jahr einige Hundert Personen einem detaillierten Sicherheitscheck unterzogen werden, wo die Sexualität auch ein Thema sein kann. Zugang zu den Daten, die dabei erhoben werden, hat nebst der zuständigen Person der VBS-Fachstelle nur die betroffene Person.
Darf der Bund das überhaupt?
Die Schwulenorganisation Pink Cross kritisiert die neue Verordnung. Sie befürchtet, dass sie vor allem auf nicht-heterosexuelle Menschen zielt. Zudem gibt Roman Heggli von Pink Cross gegenüber dem «Tages-Anzeiger» zu bedenken, dass der Bund eine Person ausspionieren müsste, um herauszufinden, ob sie allenfalls eine homosexuelle Ausrichtung verheimlicht.
Das VBS betont gegenüber Blick, dass die Sexualität nur einer von vielen Faktoren sei, den man im Hinblick auf eine mögliche Erpressungsgefährdung anschaue. Sie stelle «per se kein Problem dar» und «wird dementsprechend auch nicht ausspioniert oder flächendeckend erfasst». Die verfassungsmässigen Rechte seien «immer und jederzeit gewährleistet und dieser Schutz ist auch gerichtlich überprüfbar».
Allerdings: Auch gewisse Kantone sind der Meinung, dass der Bund zu weit geht. Es fehle eine Rechtsgrundlage für Datenerhebungen zu Intimsphäre und Sexualität, kritisiert der Thurgauer Regierungsrat. Auch dass der Bund Fragen zu Familienverhältnis, Identität der Eltern, dem Freundeskreis stellen könne, gehe nicht.
Andere heikle Themen
In der Kritik stehen zudem auch andere Punkte. Es sei «nicht ersichtlich, weshalb bei der Grundsicherheitsprüfung festgelegt werden darf, dass Angaben zu religiösen Tätigkeiten, weltanschaulichen Ansichten sowie über politische und gewerkschaftliche Tätigkeiten umfassend einverlangt und bearbeitet werden dürfen», schreibt der Kanton Thurgau. Auch die Urner Regierung wirft dem Bund vor, mehr Daten erheben zu wollen, als gesetzlich erlaubt sei – und zwar insbesondere, was Fragen zur politischen oder religiösen Ausrichtung anbelange.
Es gibt aber auch zahlreiche Kantone, die vollumfänglich hinter den Plänen von Verteidigungsministerin Viola Amherd (60) stehen. Vorgesehen ist, dass die neue Verordnung Mitte nächsten Jahres in Kraft tritt. (lha)