Unter den 40'000 Mitarbeitern der Bundesverwaltung dürfte auch der eine oder andere Fussballfan sein. Nun warnt die Bundeskanzlei jene, die an die WM nach Katar fahren wollen, am Montag via E-Mail. Darin heisst es, dass die Mitnahme von Diensthandys nach Katar nicht empfohlen werde.
Grund sind zwei Überwachungsapps, welche beim Besuch der Fussballweltmeisterschaft installiert werden müssen. Beide verlangen weitreichenden Zugriff auf Daten und spionieren die Nutzer aus, warnt die Bundeskanzlei.
In Absprache mit dem Nationalen Zentrum für Cybersicherheit und dem Bundesamt für Informatik und Telekommunikation seien auf den Geschäftshandys des Bundes zwei Apps gesperrt worden, bestätigt Florian Imbach, Informationsbeauftragter der Bundeskanzlei auf Anfrage. Dies sei «zum Schutz der Angestellten und der Daten des Bundes» geschehen.
Anreise mit Zweithandys empfohlen
Bei einer dieser Apps handelt es sich um die katarische Covid-App Ehteraz. Seit 2020 ist deren Verwendung für erwachsene Besucher in Katar obligatorisch. Sie hat nicht nur vollen Zugriff auf den Gerätespeicher, sondern kann auch den Standort seiner Nutzerinnen und Nutzer in Echtzeit verfolgen sowie Bluetooth- und WLAN-Verbindungen tracken. IT-Experten von Amnesty International haben das System bereits angeprangert.
Wer ohne die App einreist, dem drohen bis zu drei Jahren Gefängnis und eine saftige Geldstrafe. Damit die Schnüffel-Apps nicht Zugriff auf sensible oder private Daten erhalten, empfiehlt die Bundeskanzlei den Fussballfans, die Reise «mit einem privaten Billig-Smartphone anzutreten und auch das private Smartphone nicht für die Einreise zu verwenden».
Ohne App kein Zugang zum Stadion
Von den Schweizer Cyberexperten wird auch die offizielle WM-App Hayya als bedenklich beurteilt. Sie verlangt die Freigabe persönlicher Daten und erlaubt es, persönliche Gerätedaten zu teilen und hat Zugriff auf den Standort des Smartphones. Ebenso kann die App verhindern, dass das Gerät in den Ruhemodus stellt sowie sämtliche Datenverbindungen tracken.
Ohne die Hayya-App führt kein Weg ins Stadion, denn auch die Tickets werden über sie verwaltet. Damit kann man auch die öffentlichen Verkehrsmittel im Wüstenemirat kostenlos nutzen. Auch die Hayya-App ist auf den Diensthandys der Schweizer Beamten gesperrt.
Eingriff auf Smartphone befürchtet
Die geforderten Berechtigungen der Apps gehen gemäss einem Medienbericht des norwegischen Senders NRK so weit, dass die katarische Regierung gar den Inhalt eines Handys löschen oder bearbeiten könnte. Damit haben die Kataris komplette Hoheit über sämtliche Smartphonedaten im Land, befürchten Experten.
Keine der beiden Apps bietet die Option, den weitreichenden App-Befugnissen zu widersprechen. Was die Regierung mit den so gewonnenen Daten genau machen will, bleibt bisher unklar. (sie)