Russland will wissen, wie die Schweiz zur Sicherheit in Europa und zur Nato-Osterweiterung steht. Der russische Aussenminister Sergej Lawrow hat Bundespräsident Ignazio Cassis dazu am Freitag einen Brief geschickt. Das Aussendepartement trifft zu den Fragen nun Abklärungen.
Bundespräsident Ignazio Cassis habe einen entsprechenden Brief des russischen Aussenministers erhalten, teilte Valentin Clivaz, stellvertretender Chef Medien im Aussendepartement (EDA), am Freitag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit. Das EDA bestätigte damit einen Bericht des «Tages-Anzeigers».
Das steht im Brief aus Moskau
Im Brief habe Lawrow die russischen Vorstellungen einer europäischen Sicherheitsordnung erklärt. Russland veröffentlichte am Freitag zusammen mit China eine Erklärung, in welcher die Länder ein Ende der Osterweiterung und damit einen Verzicht auf Aufnahme der Ukraine in das Militärbündnis fordern.
Lawrow hatte daraufhin den Aussenminister der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) einen Brief geschickt. Die Schweiz ist Mitglied der OSZE. Im Brief fordert Lawrow die Aussenminister auf, Antworten auf Moskaus Fragen zur Sicherheit in Europa zu geben. Erklären sollten sie, wie das Prinzip der «unteilbaren Sicherheit» in Europa gewährleistet werden solle. Gemeint ist damit, dass sich die Sicherheit eines Landes nicht auf Kosten der Interessen eines anderen Staates gewährleistet werden dürfe.
EDA nimmt Abklärungen vor Antwort vor
Das EDA habe die Sichtweise im Brief zur Kenntnis genommen und werde Abklärungen vornehmen, teilte Clivaz mit. In der Regel würden Schreiben an den Bundespräsidenten individuell beantwortet. Im Brief gehe es aber um Beschlüsse der OSZE. Die OSZE sei daher die geeignete Plattform, um die russischen Anliegen zu besprechen. Gemäss EDA will der polnische OSZE-Vorsitz nächste Woche einen Dialogprozess beginnen. Die Schweiz unterstütze dieses Vorgehen.
Russland hatte zuvor den Forderungskatalog an die Nato und die USA gerichtet. Diese lehnen die Kernanliegen Russlands ab, haben aber in schriftlichen Antworten einen Dialog angeboten. Darauf wiederum stehe die russische Antwort aus, wie der Kreml klargestellt hatte.
Angesichts westlicher Berichte über einen Aufmarsch von mehr als 100'000 russischen Soldaten in der Nähe der Ukraine wird befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in sein Nachbarland plant. Moskau bestreitet das. Für möglich wird auch gehalten, dass die russische Seite Ängste schüren will, um die Nato zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen. (SDA/euc)