Es hat gedauert, doch mittlerweile hat sich der Bundesrat den EU-Sanktionen gegenüber Kriegstreiber Russland weitgehend angeschlossen. Allerdings behält er sich vor, Ausnahmen zu machen. Eine davon kommt heute Freitag in den Bundesrat, wo sich die Landesregierung zu einer ausserordentlichen Sitzung trifft, wie verschiedene Quellen einen Bericht von CH Media bestätigen.
Die EU hat nämlich die russischen Staatssender «Russia Today» (RT) und «Sputnik» Anfang März gesperrt. Sie verbreiten, in Russland wie im Ausland, Kriegspropaganda und Verschwörungstheorien. Aktuell etwa, dass die USA an ukrainischen Soldaten illegale Drogen ausprobieren würden. RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan verglich den Kanal erst kürzlich mit dem Verteidigungsministerium und erklärte, dass man einen Informationskrieg führe, «und zwar gegen die gesamte westliche Welt».
Bundesrat ist uneins
Soll man diese Sender nun auch in der Schweiz sperren? Einig ist sich der Bundesrat nicht. Der für Sanktionen zuständige SVP-Wirtschaftsminister Guy Parmelin (62) will auf die Sperre verzichten.
«Ein Verbot könnte als Zensur ausgelegt werden», so Parmelin gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Das sei nur zu rechtfertigen, wenn es um höherrangige Interessen der Schweiz ginge. Zudem gibt er zu bedenken, dass Verbote auch durchgesetzt werden müssen – und das sei schwierig, weil eine Abschaltung leicht zu umgehen wäre. Auch den Nutzen stellt Parmelin in Frage: «Unsere Bevölkerung kann beurteilen, was absurde Propaganda ist und was nicht.»
Anders sehen das Verteidigungsministerin Viola Amherd (59, Mitte) und Medienministerin Simonetta Sommaruga (61, SP). Beide wollen die «erwiesenermassen vom Kreml gesteuerte und finanzierte Propagandainstrumente», wie es aus dem Departement Amherd heisst, vom Bildschirm verbannen. Auch Sommaruga findet laut Blick-Recherchen, dass trotz Medienfreiheit in diesem Fall auch Sanktionen gegen die betreffenden Sender gerechtfertigt seien.
Verbot ist wenig wahrscheinlich
Die beiden Frauen dürften im Bundesrat aber auflaufen. Insider in Bundesbern gehen davon aus, dass die Landesregierung auf die Sperre – zumindest vorerst – verzichten wird. In der Schweiz werde die freie Meinungsäusserung hochgehalten, ein Medienverbot sei daher heikel und unverhältnismässig, so die Überlegung. Man könne nicht Autokratien vorwerfen, sie würden unliebsame Medien und Journalisten aussperren, und dann dasselbe machen. (sf/rus)