Gesundheitsminister Alain Berset (48) sprach an der Pressekonferenz vom Freitag eine «dringliche Empfehlung fürs Homeoffice» aus. Die Arbeitgeber werden also dazu aufgerufen, wenn immer möglich, Homeoffice zu ermöglichen. Eine Pflicht ist das aber nicht. «In manchen Fällen schon», warnt Luca Cirigliano (39), Zentralsekretär des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB).
«Besonders gefährdete Arbeitnehmende wie Schwangere oder andere Risiko-Personen können nämlich auf Homeoffice bestehen, wenn dieses grundsätzlich möglich ist», sagt Cirigliano. Das sei vor allem dann der Fall, wenn der Arbeitgeber nicht garantieren kann, dass beispielsweise durch Einzelbüros kein Kontakt mit Corona-Infizierten bestehe. Auch das Risiko des Arbeitswegs müsse berücksichtigt werden.
Was ist zu tun, wenn Homeoffice keine Option ist?
In gewissen Branchen ist es aber nicht möglich, die Angestellten zu Hause arbeiten zu lassen. Müssen Risiko-Personen trotz grosser Angst vor einer Ansteckung bei der Arbeit erscheinen? Cirigliano weiss die Antwort: «Nein.» Es bestehe der Anspruch, dass der Arbeitnehmende zu Hause bleiben kann und seinen Lohn trotzdem erhält. «Dafür müssen aber das kantonale Arbeitsinspektorat oder die Suva, sowie der behandelnde Arzt oder Psychologe eingeschaltet werden», sagt er. Diese müssen bestätigen, dass die Corona-Schutzmassnahmen nicht eingehalten werden können.
Aber auch umgekehrt gilt: Zum Homeoffice verpflichten dürfe der Arbeitgeber nur dann, wenn das für den Arbeitnehmenden zumutbar ist. «Die individuelle Situation muss immer berücksichtigt werden», sagt Cirigliano. Zu beachten sei also zum Beispiel die Situation mit Kindern oder ob die Wohnung gross genug ist.
Auch im Homeoffice gilt Arbeitsgesetz
«Es ist wichtig, dass Angestellte ihre Rechte einfordern – denn auch wenn man von zu Hause aus arbeiten muss, gilt das Arbeitsgesetz», sagt der Gewerkschaftler. Nacht- und Sonntagsarbeitsverbot, Ruhezeiten und Pausen seien also auch im Homeoffice einzuhalten. Denn die Grenzen von Arbeit und Freizeit verschwimmen leicht: «Die Arbeitnehmer müssen nicht rund um die Uhr für den Arbeitgeber erreichbar sein.»
Auch die finanziellen Pflichten wachsen für den Chef: Je länger das Homeoffice dauere, desto stärker müsse der Arbeitgeber für Kosten und Spesen aufzukommen, auch fürs Mobiliar und Ergonomie. Das heisst: «Wenn zum Beispiel durch lange Arbeitszeiten Rückenprobleme entstehen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, für gutes ergonomisches Material zu sorgen», sagt er. Also zum Beispiel in Form eines neuen Bürostuhls. Vor dieser Pflicht könne sich das Unternehmen auch nicht durch Abreden oder Verträge entziehen.
Firmen sollten Mitarbeiter informieren
«Auf beiden Seiten herrscht grosse Unsicherheit – vieles ist unklar», so Cirigliano. Damit diese ungewohnte Arbeitssituation ohne grosse Missverständnisse über die Bühne gehen kann, sollten Arbeitgebende ihre Mitarbeiter proaktiv bezüglich des Homeoffice informieren. Aber auch Arbeitnehmende dürfen nicht untätig bleiben und klare Regeln aushandeln.
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