Der Bund will Einkäufe im Ausland bei der Einfuhr stärker besteuern. Die Wertfreigrenze soll von 300 auf 150 Franken halbiert werden. Das berichten die Tamedia-Zeitungen. Der Bundesrat wird im nächsten Schritt eine Vernehmlassung eröffnen, also die Meinung der Parteien und wichtigen Verbände einholen.
Welche Regeln gelten aktuell für den Einkaufstourismus?
Wer heute in Deutschland einkauft, kann die dortige Mehrwertsteuer ab der sogenannten Bagatellgrenze von 50 Euro zurückfordern. Bei der Einfuhr in die Schweiz müssen Einkäufe erst ab einem Gesamtwert von 300 Franken mit der Schweizer Mehrwertsteuer versteuert werden. Auch dann, wenn die ausländische Mehrwertsteuer nicht rückerstattet wird.
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Warum soll das jetzt geändert werden?
Eine Studie der Universität St. Gallen schätzte für letztes Jahr, dass Schweizerinnen und Schweizer im Ausland rund 8,5 Milliarden Franken ausgeben. Besonders Schweizer Detailhändler in Grenzregionen haben aufgrund des Einkaufstourismus einen Wettbewerbsnachteil. Die Kantone St. Gallen und Thurgau haben deswegen eine Standesinitiative eingereicht, in der sie die Abschaffung der Wertfreigrenze fordern. Zudem hat das Parlament eine Motion der Finanzkommission des Nationalrats gutgeheissen, die die «Steuergerechtigkeit im Grenzverkehr» verbessern will.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
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Diese Forderungen will Karin Keller-Sutter mit der Reduktion nun berücksichtigen. Die Universität St. Gallen berechnete zudem, wie stark der Einkaufstourismus bei einer Beschränkung der Wertfreigrenze auf 50 Franken zurückginge – und kam auf 33 Prozent. Wie stark sich eine Reduktion auf 150 Franken auswirken würde, ist nicht klar.
Gibt es Kritik am Vorhaben von Keller-Sutter?
Die Schweizer Detailhändler begrüssen die Reduktion. Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz hingegen spricht gegenüber Tamedia von «Symptombekämpfung». Es bringe wenig und führe im dümmsten Fall zu mehr Verkehr, weil die Leute einfach öfter im Ausland einkaufen.
Für welche Waren gilt die Wertfreigrenze?
Die Wertfreigrenze gilt für alle Waren, die für den privaten Gebrauch oder zum Verschenken bestimmt sind. Massgebend dafür ist der Preis auf der Quittung nach Abzug der ausländischen Mehrwertsteuer. Preise in ausländischer Währung werden in Franken umgerechnet. Dabei gilt der Gesamtwert aller Waren, einzelne Gegenstände im Wert von über 300 Franken sind immer mehrwertsteuerpflichtig.
Gilt das auch für Onlineshopping?
Sendungen aus dem Ausland sind bereits ab 65 Franken mehrwertsteuerpflichtig. Bei Büchern und anderen Waren mit reduziertem Mehrwertsteuersatz von 2,5 Prozent gilt die Steuer erst ab 200 Franken.
Wie berechnet man die Mehrwertsteuer?
Mit der App «Quickzoll» des Bundes lassen sich die Einkäufe erfassen. Die App überprüft dann, ob man Mehrwertsteuer zahlen muss, und begleicht den Betrag direkt über die Kreditkarte. Die App nutzt jedoch für alle Waren die Mehrwertsteuer von 7,7 Prozent – auch für Waren wie Lebensmittel oder Medikamente, für die eigentlich der reduzierte Steuersatz von 2,5 Prozent gälte.
Wie umgehen Einkaufstouristen die Mehrwertsteuerpflicht?
Die Wertfreigrenze gilt pro Tag und pro Person. Man kann ins Ausland fahren und pro Mal weniger einkaufen. Oder mit der ganzen Familie oder mit Freunden einkaufen gehen.
Wann werden die neuen Regeln fürs Einkaufen im Ausland eingeführt?
Nach der Vernehmlassung präsentiert der Bundesrat die Vorlage dem Parlament. Die Standesinitiativen der Kantone St. Gallen und Thurgau befinden sich derzeit in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats. Sie will vorerst nicht selbst aktiv werden, sondern die Vernehmlassung des Bundesrats abwarten. Bis die neuen Regeln also tatsächlich eingeführt werden, kann es noch eine Weile dauern.