Ein Grillsteak aus dem Bioreaktor. Fleisch, das aus tierischen Zellen in einer Fabrik gezüchtet wird, ist längst keine ferne Zukunftsmusik mehr. Firmen weltweit sind mit Hochdruck daran, Alternativen zum herkömmlichen Fleisch zu entwickeln. Der Markt boomt.
Singapur hat 2020 als erster Staat grünes Licht für den Verkauf von im Labor gezüchtetem Pouletfleisch gegeben. Auch in den USA könnte es im Laden schon bald sogenannt kultiviertes Fleisch geben.
«Es besteht ein riesiges Potenzial!»
Und die Schweiz? Unser Land verfüge über die besten Voraussetzungen, Pionierin auf dem zukunftsträchtigen Markt zu sein, ist Grünen-Nationalrätin Meret Schneider (30) überzeugt. «Es besteht ein riesiges Potenzial!», glaubt sie. Doch heute gäbe es für Start-ups, die neuartige Lebensmittel wie kultiviertes Fleisch entwickeln, zu viele Hürden. «Die Bewilligungsverfahren sind langwierig und bei der Marktzulassung herrscht zu wenig Transparenz», zählt die Zürcher Politikerin auf.
In einem Vorstoss fordert Schneider den Bund auf, die Zulassungs- und Bewilligungsverfahren für Laborfleisch und pflanzliche Alternativen zu vereinfachen und zu beschleunigen. «Andere Länder machen in diesem Bereich enorm vorwärts. Wir sollten diese Entwicklung nicht verschlafen.» Denn: Dass solch neuartige Lebensmittel bald auf unseren Tellern landen, steht für Schneider fest.
Die Frage sei, ob die Schweiz auf dem Markt mitmischt oder nicht. Und natürlich geht es ihr als Grüne auch um die Umwelt. Wobei umstritten ist, ob ein im Labor gezüchtetes Fleisch bei der Umweltbilanz wirklich besser abschneidet als ein herkömmliches Plätzli.
Fleisch und Käse aus dem Labor
SVP-Metzger Egger unterstützt Forderungen
Schneider möchte aber nicht nur, dass die Entwicklung von kultiviertem Fleisch stärker vorangetrieben wird. In einem zweiten Vorstoss fordert die Nationalrätin den Bund auch auf, nicht nur den Anbau, sondern auch die Verarbeitung pflanzlicher Proteine wie Linsen, Erbsen und Sojabohnen zu fördern. Zum Beispiel wird an Käse aus nicht tierischen Milchproteinen geforscht. Und es gibt Fleischalternativen aus Erbsenprotein.
Ein Hamburger für über 250'000 Franken – ohne Brötchen und Salat. So viel kostete 2013 das erste Burgerpatty aus dem Labor. Mittlerweile konnten diese Kosten durch Forschung um das 80-Fache reduziert werden. Dennoch ist der Weg zum Massenprodukt aus der Petrischale noch lang.
Die wohl am weitesten verbreiteten Fleischersatzprodukte sind aus natürlichen, proteinreichen Grundprodukten wie Erbsen oder Soja. Man stellt ein Püree aus der jeweiligen Basiszutat her und versucht mittels Zugabe von chemischen und natürlichen Zusatzstoffen sowie Gewürzen eine dem Ursprungsprodukt möglichst ähnliche Kopie herzustellen.
Die zweite Möglichkeit besteht in der Aufzucht des Fleisches in einer Petrischale im Labor. Das sogenannte In-vitro-Fleisch wird aus tierischen Muskelstammzellen hergestellt und dann als Zell- und Gewebekultur im Labor vermehrt. Dies funktioniert im Falle von Hackfleisch und Hühnerprodukten bereits gut. 2020 bekam die kalifornische Firma Eat Just in Singapur die Zulassung für den Verkauf von Chickennuggets und Brustfilets aus dem Labor. Deutlich komplizierter ist die Produktion eines Steaks. Muskel- und Fettzellen müssen miteinander verwoben werden und anschliessend in einem Inkubator gemeinsam reifen – nur so entsteht die charakteristische Struktur.
Die dritte Option ist die Herstellung mittels Fermentation. Hier greifen dieselben Mechanismen wie etwa bei der Herstellung von Bier oder Joghurt. Dabei werden mithilfe von Mikroorganismen grosse Mengen von Protein mit einer fleischähnlichen Textur kultiviert. Dominique Schlund
Ein Hamburger für über 250'000 Franken – ohne Brötchen und Salat. So viel kostete 2013 das erste Burgerpatty aus dem Labor. Mittlerweile konnten diese Kosten durch Forschung um das 80-Fache reduziert werden. Dennoch ist der Weg zum Massenprodukt aus der Petrischale noch lang.
Die wohl am weitesten verbreiteten Fleischersatzprodukte sind aus natürlichen, proteinreichen Grundprodukten wie Erbsen oder Soja. Man stellt ein Püree aus der jeweiligen Basiszutat her und versucht mittels Zugabe von chemischen und natürlichen Zusatzstoffen sowie Gewürzen eine dem Ursprungsprodukt möglichst ähnliche Kopie herzustellen.
Die zweite Möglichkeit besteht in der Aufzucht des Fleisches in einer Petrischale im Labor. Das sogenannte In-vitro-Fleisch wird aus tierischen Muskelstammzellen hergestellt und dann als Zell- und Gewebekultur im Labor vermehrt. Dies funktioniert im Falle von Hackfleisch und Hühnerprodukten bereits gut. 2020 bekam die kalifornische Firma Eat Just in Singapur die Zulassung für den Verkauf von Chickennuggets und Brustfilets aus dem Labor. Deutlich komplizierter ist die Produktion eines Steaks. Muskel- und Fettzellen müssen miteinander verwoben werden und anschliessend in einem Inkubator gemeinsam reifen – nur so entsteht die charakteristische Struktur.
Die dritte Option ist die Herstellung mittels Fermentation. Hier greifen dieselben Mechanismen wie etwa bei der Herstellung von Bier oder Joghurt. Dabei werden mithilfe von Mikroorganismen grosse Mengen von Protein mit einer fleischähnlichen Textur kultiviert. Dominique Schlund
Es sind Forderungen, die selbst bei SVP-Nationalrat Mike Egger (30) auf Offenheit stossen. Der gelernte Metzger findet es wichtig, dass die Schweiz im Bereich neuartiger Lebensmittel wie kultiviertem Fleisch nicht abgehängt wird, sondern diese neuen Varianten prüft. Anders als für Schneider kommt für ihn aber nicht infrage, dass der Bund die Entwicklung solcher Produkte subventioniert.
Sorge, dass das Vegi-Schnitzel aus dem Labor das klassische Schweinsschnitzel verdrängt, hat Egger nicht. «Die Weltbevölkerung wächst, und darum brauchen wir mehr Lebensmittel.» Es werde sich zeigen, ob die Variante aus dem Labor umweltfreundlicher ist als die herkömmliche Produktion. «Angesichts dessen sind pflanzliche Alternativen keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung», findet er.
Bundesrat zeigt sich offen
Der Bundesrat hat sich bisher gegen die direkte Förderung von Fleischalternativen ausgesprochen. Der Markt entwickle sich «relativ dynamisch», es seien keine zusätzlichen staatlichen Eingriffe nötig, hielt die Landesregierung 2020 in einer Stellungnahme zu einem Vorstoss von Grünen-Nationalrat Kilian Baumann (42) fest. Offen zeigte er sich hingegen gegenüber der Forderung, die Hürden für Markttests neuartiger Produkte zu senken.