Unförmiger Schnitt, triste Farbe, kratziger Stoff: Mit dem Tenue A schlägt die Schweizer Armee modeaffine Feinde schon beim Anblick in die Flucht. Man sehe darin aus wie ein Mehlsack, lästern Armeeangehörige über die Ausgangsuniform. «Ich habe nach dem ersten Ausgang mein Tenue absichtlich verschmutzt, damit es zur Reinigung musste», schreibt ein Leser an Blick. Und mit dem Bleistiftrock könne man kaum sitzen, ohne Bauchschmerzen zu bekommen, beklagt sich eine Sanitäterin.
Auch Mitte-Nationalrätin Marianne Binder-Keller (62) findet, dass der Ausgänger eine modische Generalüberholung dringend nötig hätte. Schliesslich ist er nun schon fast 30 Jahre im Einsatz. Die Aargauerin hat im Parlament kürzlich einen Vorstoss eingereicht, der eine neue Uniform fordert. Dies würde die Armee attraktiver machen – nicht nur äusserlich –, ist sie überzeugt. Gerade auch für Frauen, die das Militär derzeit händeringend sucht. Schliesslich soll der Frauenanteil in der Armee – so das Ziel – von derzeit knapp einem Prozent bis 2030 auf zehn Prozent steigen.
Doch bekanntlich mahlen die Mühlen in Bundesbern langsam. Blick nimmt die Sache darum selbst in die Hand! Wir haben Modedesignerinnen und -designer angefragt, ob sie eine neue Ausgangsuniform für die Schweizer Armee entwerfen würden. Sechs Modeschöpfer aus der ganzen Schweiz haben sich der Herausforderung gestellt und sind kreativ geworden. Entstanden sind fünf konkrete Vorschläge für ein neues, zeitgemässes Tenue A
Welches Design überzeugt Sie am meisten? Stimmen Sie gleich hier für Ihren Favoriten ab! Den Sieger-Entwurf wird Blick Verteidigungsministerin Amherd vorstellen – als Inspiration und Motivation, die Armee auch modisch ins 21. Jahrhundert zu hieven.
Gleich unter dem Voting erfahren Sie mehr zu den verschiedenen Designs und den Köpfen dahinter.
Noële Nana Schaffner: Stehkragen statt Krawatte
Die Schaffhauserin Noële Nana Schaffner (36) will mit ihrer Mode Eleganz, Komfort und Funktionalität verbinden. Das gilt auch für ihr Tenue A. Der dunkelblaue Stretchstoff aus Merinowolle ist fleckenabweisend und atmungsaktiv. Beim Schnitt legt sie den Fokus auf die Schulterpartie. Das Ziel: «Die Soldatinnen und Soldaten sollen moderner und selbstbewusster erscheinen.» Schlitze machen den Jupe zudem bequemer. Neu ist auch der Stehkragen. Die Idee dahinter ist, dass statt Hemd auch T-Shirt drunter getragen werden kann – und vor allem: keine Krawatte.
Schaffner hat vergangenes Jahr ihr eigenes Frauenmode-Label Nomadissem lanciert. Ihr ist Nachhaltigkeit wichtig. Mit zeitlosen Designs und aufeinander aufbauenden Kollektionen will sie einen Kontrast zur schnelllebigen Mode setzen. Nach der Hotelfachschule hat sie Marketing studiert und später in New York (USA) Modedesign gelernt.
Adrian Reber: Edelweiss und Camouflage
Nicht revolutionieren, aber modernisieren: Das ist das Motto von Adrian Reber (45). Das Tenue A soll körperbetonter werden, die Jacke etwas kürzer. «Das ergibt einen jüngeren, frischeren Look», ist er überzeugt. Statt grau in grau ist die Jacke dunkelblau und die Hose beziehungsweise der Jupe nachtgrau – beides besteht aus einem «kompakten Woll-Baumwoll-Gemisch mit feinem Griff». Für die Krawatte schlägt Reber einen Seidenstoff in Camouflage-Optik vor. Speziell sind zudem die Silberknöpfe an der Jacke: Sie haben eine Edelweiss-Prägung.
Reber war einst Chefdesigner bei Hugo Boss, heute entwirft er Herrenmode unter seinem eigenen Label und ist Präsident des Verbands Bekleidung Schweiz (Swissmode). Der Berner, der in Paris Modedesign studiert hat, legt Wert darauf, Materialien wiederzuverwenden – in der aktuellen Kollektion arbeitet er zum Beispiel mit alten Mehlsäcken.
Luka Maurer: Reissverschluss ersetzt Knöpfe
Das Tenue A des 21. Jahrhunderts ist für Designer Luka Maurer (34) aus Pruntrut JU «total unisex» – das heisst: der Schnitt ist bei Frauen und Männern genau gleich, wobei statt Hose auch ein Jupe getragen werden kann. Ins Auge sticht das Schweizerkreuz am Gurt der schwarz-blauen Jacke, die mit Satin-Elementen am Kragen und Revers aufgepeppt ist. Im Jupe findet sich das Rot der Krawatte wieder, statt Knöpfen hat die Jacke einen Reissverschluss. Aussergewöhnlich ist nebst dem Schnitt der Hose auch das Material, aus dem der Hut gefertigt ist: recyceltes PET.
Luka Maurer beschäftigt sich schon länger mit Armeeuniformen. Bei seinem Label Garnison lässt er sich, erzählt er, von «historischen militärischen Details» inspirieren, die er mit einem Hauch Science-Fiction verbinde. Maurer hat schon in Berlin und London gearbeitet und ist Dozent an der Genfer Hochschule für Kunst und Design.
Simone Klemm: Farblich passend zum Schweizerkreuz
«Für ein neues Tenue A sind die richtige Proportion und Passform elementar», findet Modedesignerin Simone Klemm (52). Ihr Entwurf ist von den 30er- und 40er-Jahren inspiriert. Ihn zeichnet vor allem die Farbwahl aus: Die roten Hosen und das weisse Hemd sollen an die Schweizerfahne erinnern, die Jacke ist dunkelblau. Eine Krawatte gibt es nicht mehr. Frauen könnten wie heute auch Jupe statt Hose wählen. Beim Stoff setzt die Designerin auf ein Gemisch aus Wolle, Polyamid und Elasthan, das langlebig, unkompliziert und angenehm zu tragen ist.
Klemm, seit 30 Jahren in der Schweizer Modeszene, hat 2017 das eigene Label Simpelthen ins Leben gerufen. Die Designs der gebürtigen Deutschen mit norwegischen Wurzeln sind skandinavisch schlicht – produziert werden sie im Tessin, verkauft im eigenen Geschäft in Zürich. Jüngst hat Klemm zusammen mit dem Hilfswerk Helvetas eine nachhaltige Kollektion entworfen.
Martina Leoni-Heldstab und Elisa Kalt: Chic mit Schösschen
Ganz in Dunkelgrün kommt das Tenue A von Martina Leoni-Heldstab (32) und Elisa Kalt (31) daher. «Klassisch mit einem modernen Twist», beschreiben sie ihr Design. Die Uniform der Frauen unterscheidet sich dabei im Schnitt klar von jener der Männer. Hingucker bei beiden sind an der Jacke die aufgesetzten Schösschen aus Wollfilz. Statt einer Krawatte gibts eine verdeckte Knopfleiste, und die Hosen sind nicht nur schmaler, sondern auch kürzer geschnitten. Neu sollen zudem auch die Schuhe fester Teil der Uniform sein.
Leoni-Heldstab und Kalt sind die Köpfe hinter dem Label NUNO des amis aus Döttingen AG. Den Absolventinnen der Textilfachschule in Zürich ist wichtig, dass ihre Mode für kleine und grosse Grössen langlebig ist und fair produziert wird. Die Stoffe für ihre Kleider stammen aus Restbeständen, hergestellt werden sie grösstenteils in der Schweiz.