Teilzeit-Offiziere, Armee-Kita und Militär-Influencerinnen: Verteidigungsministerin Viola Amherd (58, Mitte) will neue Wege gehen, um mehr Frauen für die Armee zu gewinnen. Vergangene Woche, pünktlich zum Weltfrauentag, hat sie den Bericht einer internen Arbeitsgruppe veröffentlicht. Darin werden zahlreiche Massnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils aufgeführt, die die Armee nun prüfen und umsetzen will. So soll zum Beispiel eine Dienststelle speziell für Frauen geschaffen werden, und man will die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Militär verbessern.
Die Aargauer Mitte-Nationalrätin Marianne Binder-Keller (62) begrüsst die Pläne ihrer Parteikollegin. Aus ihrer Sicht ging aber ein nicht unwichtiges Detail vergessen: die Outfits. Um die Armee attraktiver zu machen, müssen auch die Armeeangehörigen attraktiver werden, ist die Aargauer Nationalrätin überzeugt.
«Es geht auch um Wertschätzung»
Besonders die graue Ausgeh-Uniform ist für Binder ein Abtörner. Sie fordert den Bundesrat in einem Vorstoss auf, das Tenue A modisch zu überdenken. Eine neue Uniform, «zeitgerecht und mit Stil», würde eine zusätzliche Motivation und Identifikation stiften und die Attraktivität der Armee, «im Speziellen auch für Frauen», erhöhen, glaubt die Aargauerin. Zudem würde sie das Erscheinungsbild des Militärs in der Öffentlichkeit verbessern. Binder will vom Bundesrat unter anderem wissen, ob auch er eine zeitgemässere Uniform «als zusätzliche Motivation für die bessere Integration der Frauen in die Armee» betrachte.
Doch findet sie nicht, dass sie mit ihrem Vorstoss ein sexistisches Klischee bedient, das Frauen aufs Äussere reduziert? Binder fragt zurück: «Seit wann ist moderne Kleidung sexistisch?» Der Wunsch nach einem neuen Tenue A sei von Männern gekommen, sagt sie. Wenn es schon eine Uniform gebe, dann könne sie ja auch etwas fürs Auge sein. «Es geht doch auch um Wertschätzung gegenüber den Angehörigen der Armee.» In diesem Sinne könne die Kleidung durchaus ein Puzzleteil der Frauenförderungs-Strategie sein.
Nicht bloss modischer Handlungsbedarf
Tatsächlich macht der graue «Ausgänger» im Ausgang etwa so viel her wie ein Duro am Genfer Autosalon. Dass mit einem moderneren Schnitt und etwas Farbe aber wirklich die Frauenquote im Militär erhöht werden kann? Daran hegen Soldatinnen erhebliche Zweifel. Im Hinblick auf die Frauenförderung sei der Vorstoss sogar kontraproduktiv, so die Kritik.
Allerdings sieht etwa auch die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) bei Kleidern und Ausrüstung Handlungsbedarf – wenn auch nicht aus ästhetischen Gründen. Für sie geht es um ganz Praktisches. Es könne nicht im Interesse der Armee sein, wenn unpassende Ausrüstung die Frauen im Einsatz behindere.
Um solch funktionale Kleiderprobleme dreht sich der Vorstoss von Nationalrätin Binder freilich nicht. Der Kampfanzug werde im Gegensatz zur Ausgeh-Uniform immer wieder an die Bedürfnisse der Soldaten angepasst, sagt sie. «Da muss ich nichts fordern, das hat die Armee selbst erfasst.»
Modisch dürfte am Tarnanzug ausserdem wenig auszusetzen sein – Camouflage ist schliesslich Trend.