Am 31. Mai lädt die Mitte-Partei Oberes Emmental zu einer Podiumsdiskussion zu den beiden Pestizid-Initiativen ein – ein Anlass, wie er jährlich hundertfach in der Schweiz stattfindet. Neben Bauernpräsident und Mitte-Nationalrat Markus Ritter (54) sollte dort auch Nationalrat und Biobauer Kilian Baumann (40) sprechen. Baumann hätte sich für ein Ja zur Pestizid- und Trinkwasserinitiative eingesetzt.
Hätte. Denn weil er und seine Familie massiv bedroht werden, wird er nicht zum Anlass erscheinen. Das teilte Michelle Renaud, Präsidentin der Mitte oberes Emmental, am Dienstag auf Twitter mit.
Es ist nicht der einzige Anlass, welcher der Nationalrat absagen muss. Baumann sagt auch alle weiteren Auftritte ab, weil die Drohungen zunehmend heftiger werden. «Seit der Eröffnung des Abstimmungskampfes wurden die Angriffe zahlreicher und aggressiver. Nun haben sie ein Ausmass angenommen, das ich nicht mehr tolerieren kann», sagt Baumann zu Blick.
«Gehen Sie in den Wald und knüpfen Sie sich auf», stand etwa in einem anonymen Schreiben, das Baumann gemäss SRF erhalten hat. Der Schreiber fordert, ein «Kopfgeld» auf den grünen Nationalrat auszusetzen. «Wir müssen uns schon fragen, wie es so weit kommen konnte», so Baumann. Der Abstimmungskampf sei aus dem Ruder gelaufen.
Abstimmungskampf entgleist
«Ich habe mittlerweile ein ungutes Gefühl, wenn ich am Abend Familie und Hof zurücklasse», so Baumann gegenüber der «Berner Zeitung». Sein Verzicht auf weitere Auftritte sieht er aber auch als Zeichen des Protests.
Es ist nicht der erste Zwischenfall im Abstimmungskampf um die beiden Agrarinitiativen. Gegenseitige Wahlplakate werden zerstört, Morddrohungen ausgesprochen und Puppen am Galgen an den Strassenrand gestellt. Bisherige Bemühungen, zu beruhigen, darunter auch von Bundespräsident Guy Parmelin (61), blieben bislang ungehört.
Warum wird dieser Abstimmungskampf so heftig geführt? «Es gibt selten Grundsatzdebatten in der Landwirtschaft, doch diese werden immer sehr emotional geführt», meint Baumann. Das Problem sei allerdings, dass sich die Agrarinitiativen gar nicht gegen die Bauern richteten. «Die Kritik richtet sich nicht gegen Bauern, sondern die grossen Agrarkonzerne. Die Konzerne haben allerdings grosses Interesse daran, dass die Kritik als Bauernbashing wahrgenommen wird», sagt Baumann gegenüber Blick. Wenn nämlich die Bauern selbst gegen eine ökologische Landwirtschaft kämpften, müssten sich die Agrarkonzerne nicht mehr selbst exponieren. (lui)