«Für die SP ist klar, dass ein gut ausgehandelter EU-Beitritt die beste Option bleibt», heisst es im Papier mit dem Titel «Aufbruch in ein soziales und demokratisches Europa».
Das Papier schlägt als ersten Schritt eine Assoziierung vor. Diese soll in mehreren Etappen erfolgen. Als Erstes müsse die Schweiz nach dem Abbruch der Verhandlungen zum institutionellen Rahmenabkommen im Mai 2021 kurzfristige «vertrauensbildende Massnahmen» ergreifen. So schlägt die Partei vor, dass sich die Schweiz in der europäischen Migrationspolitik solidarisch zeigt und deutlich mehr Flüchtlinge aufnimmt. Zudem soll sie höhere Kohäsionszahlungen entrichten.
Lohngleichheit und Mindestlöhne
Die Schweiz müsse zudem die wichtigsten Prinzipien der europäischen Säule sozialer Rechte umsetzen. Dazu gehören unter anderem die Elternzeit, Durchsetzung der Lohngleichheit und Richtlinien zu den Mindestlöhnen. Zudem müssten in Absprache mit der EU Steuerstandards angestrebt werden.
Im Papier ist von einem Mindestsatz für die Besteuerung gewinnbringender Unternehmen die Rede sowie von einer Besteuerung multinationaler Konzerne dort, wo sie Gewinne erzielen. Zudem soll sich die Schweiz zu einer Kooperation bei der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung bekennen.
Verhandlungen zu Wirtschaftsabkommen
In einer folgenden Etappe könne die Schweiz ein «befristetes Stabilisierungsabkommen» mit der EU anstreben. Dieses soll eine Teilnahme an Forschungs- und Bildungsprogrammen wie «Horizon Europe» und «Erasmus+» regeln. Ab 2023 seien Verhandlungen über ein Wirtschafts- und Kooperationsabkommen anzustreben.
Darauf schlägt das Papier ein Europagesetz vor. Um in einer Volksabstimmung bestehen zu können, müsse eine Klärung der institutionellen Fragen von der klassischen Europa-Koalition erfolgen, also von allen Parteien ausser der SVP, heisst es weiter. So ein Gesetz könne die Europa-Koalition wiederherstellen und dem Bundesrat den Auftrag für die Verhandlungen mit der EU geben.
In einem nächsten Schritt sei der EU-Beitritt in Form eines Beitrittsgesuchs aufzugleisen. Eine konkrete Jahreszahl für dieses Ziel wurde am Parteitag nicht genannt.
Juso kritisch
Die Verabschiedung des Europapiers sorgte am Parteitag im Congress Center Basel für eine lange Diskussion. Unter anderem äusserten sich Vertreterinnen und Vertreter der Jungsozialisten (Juso) kritisch. Juso-Mitglied Mirjam Hostetmann legte dem Parteitag vor der Schlussabstimmung nahe, das Papier abzulehnen. Ein EU-Beitritt mit Abstrichen sei nicht der einzige gangbare Weg. Hostetmann sprach von einer «unkritischen Haltung» gegenüber der Flüchtlings- und Liberalisierungspolitik in der EU. Ein Anliegen der Juso sei es gewesen, rote Linien zu definierten, um zu den sozialdemokratischen Grundwerten zu stehen.
SP-Nationalrat und Vizepräsident Jon Pult (38) hingegen empfahl das Papier zur Annahme. Er sagte, es gehe nicht darum, unter allen Umständen und bedingungslos beizutreten. «Wir negieren im Papier überhaupt nicht, dass es auch Nachteile und Herausforderungen gibt», sagte Pult. So etwa beim Service Public und der direkten Demokratie. Dennoch sei es wenig sinnvoll, hier «starre rote Linien» festzulegen. Die Anwesenden folgten nach mehrstündiger Erörterung des Papiers schliesslich dem SP-Präsidium.
Schon am Samstag hatte der Parteitag in Basel das Co-Präsidium von Cédric Wermuth (36) und Mattea Meyer (34) im Amt bestätigt. (SDA)