Bersets Irrflug
Aus der «Privatsache» wird ein Staatsgeheimnis

Obwohl Bundesrat und Hobbypilot Berset mit einem Kampfjet zur Landung gezwungen werden musste, verzichtet Frankreich auf ein Verfahren. Und die Schweizer Luftfahrtbehörden? Sie machen ein Geheimnis daraus.
Publiziert: 23.07.2022 um 16:02 Uhr
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Aktualisiert: 23.07.2022 um 16:23 Uhr
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Regionalflugplatz Freiburg-Ecuvillens. Ein Mann tankt seine Cessna. Gemäss Augenzeugen soll es sich dabei um Bundesrat Alain Berset handeln.
Foto: PRIVAT

Aufatmen beim Innendepartement (EDI). Bundesrat Alain Berset (50) muss nach seinem Flug-Zwischenfall in Frankreich mit keinem höchstpeinlichen Strafverfahren bei unserem Nachbarn rechnen. Der Gesundheitsminister war mit einem Privatflugzeug ins Sperrgebiet des Militärflugplatzes Avord eingedrungen, worauf ihn ein Kampfjet zur Landung zwang.

Sogar der französische Staatspräsident Emmanuel Macron (44) soll informiert worden sein. Frankreich aber verzichtet auf eine Staatsaffäre. Pilot und Flugzeug seien in regelkonformem Zustand gewesen. Berset habe die nötigen Bewilligungen gehabt, begründete Frédéric Journès, der französische Botschafter in der Schweiz.

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Meist kennt Frankreich kein Pardon

Die Milde erstaunt. Meist kennt Frankreich kein Pardon bei unerlaubtem Eindringen in Sperrzonen. Da sei es schon zu «drastischen Strafen» gekommen, hiess es in den letzten Tagen aus Pilotenkreisen wie aus der Bundesverwaltung. Der französische «Code de l'aviation civile» sieht saftige Bussen vor. Noch mehr aber hätte Magistrat Berset wohl die Peinlichkeit eines internationalen Verfahrens geschmerzt.

Sein Departement versuchte, den Vorfall denn auch als «Privatsache» herunterzuspielen. Berset hatte es nicht einmal als nötig erachtet, seine Bundesratskollegen über den internationalen Zwischenfall zu informieren. Mittlerweile scheint aus der Privatsache sogar ein regelrechtes Staatsgeheimnis geworden zu sein. Departementsübergreifend scheint man den Fall in der Bundesverwaltung möglichst unter dem Deckel halten zu wollen.

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Hiesige Behörden schweigen zu möglichem Verfahren

Das bei Bersets Parteikollegin Simonetta Sommaruga (62) angesiedelte Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) will auf Anfrage nicht einmal damit herausrücken, ob mit Frankreichs Verzicht auf ein Verfahren die Sache für die Schweizer Behörden ebenfalls erledigt ist. Man nehme den Entscheid der französischen Behörden zur Kenntnis, heisst es lediglich. Gestützt auf die EU-Verordnung «Vertraulichkeit des Meldesystems» sowie auf das Amtsgeheimnis will sich das Bazl nicht weiter dazu äussern.

Denn Berset hatte nicht nur in Frankreich ein Verfahren gedroht. Als Schweizer Pilot könnte ihm zusätzlich auch hierzulande ein Administrativ- oder Verwaltungsstrafverfahren blühen. Gemäss Luftfahrtgesetz sind in der Schweiz Bussen von bis 20'000 Franken möglich – oder schlimmstenfalls sogar der Entzug der Fluglizenz. (dba)

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