Berner Test-Skandal
Schnegg bleibt Erklärung schuldig

Jetzt schaltet sich der Berner Grosse Rat ein: Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg soll darlegen, weshalb die Öffentlichkeit nicht informiert wurde. Die Wiedereinführung der Schultests wird zum Thema.
Publiziert: 13.09.2021 um 01:03 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2021 um 21:27 Uhr
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Die Berner Kantonsregierung hat die Corona-Massentests an Schulen aufgehoben.
Foto: Raphael Moser
Pascal Tischhauser

Der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (58) ist in Erklärungsnot: Der SVP-Regierungsrat hat die regelmässigen Massentests an den Schulen abgesetzt, weil es angeblich kaum Corona-Ansteckungen in Berner Schulen gebe.

Nur: Wie der SonntagsBlick aufdeckte, ist die Ansteckungsquote gar nicht so gering, wie Bern vorgibt. Der Kanton hatte für die zweite Woche nach den Sommerferien eine Positivitätsrate von 0,09 Prozent ausgewiesen. Von 84'624 Corona-Tests sollen lediglich 81 positiv ausgefallen sein.

Plötzlich höhere Werte

Zu schön, um wahr zu sein, dachte man sich beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) und liess in Absprache mit dem bislang für die Berner Ergebnisse verantwortlichen Labor in Münsingen BE Spuckproben von zwei Tagen von anderer Stelle analysieren.

Und siehe da: Die Werte schossen in die Höhe. Plötzlich hatte man Positivitätsraten von 0,33 und 0,44 Prozent. Es liegt auf der Hand, dass die zuvor gemessenen Raten zu tief waren. Doch statt zu kommunizieren, dass es Unstimmigkeiten bei den Analysen gab, wies Bern einfach einen Durchschnittswert von 0,12 Prozent aus. Die Positivitätsrate war damit nur leicht höher als die 0,09 Prozent der Vorwoche. Mit einer solch tiefen Rate konnte man die Schultests beenden.

Erklärung? Fehlanzeige!

Die Berner Gesundheitsdirektion widerspricht zwar dem Verdacht, die Öffentlichkeit vorsätzlich falsch informiert zu haben: «Die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion des Kantons Bern weist die im SonntagsBlick gemachten Vorwürfe als völlig unhaltbar zurück.»

Aber: In der Politik passiert vieles, weniges aber zufällig. Und die Unterlagen, in die Blick Einblick hatte, machen die Beteuerungen der Gesundheitsdirektion nicht glaubwürdiger. Umso gespannter durfte man auf die Erklärung sein, weshalb Schneggs Direktion nicht hingestanden ist und den Fehler eingeräumt hat, sondern die Zahlen nutzte, die ihr zupasskamen.

Doch Fehlanzeige: Der Kanton hat noch keine Erklärung. Man werde Anfang nächster Woche detailliert dazu Stellung nehmen, hiess es am Sonntag. Das klingt eher danach, als suche man noch nach einer halbwegs glaubhaften Ausrede.

Widerstand aus dem Kantonsrat

Diese muss Schnegg nicht nur der Berner Öffentlichkeit liefern, die von seiner Direktion hinters Licht geführt wurde, sondern auch die Politik verlangt eine Erklärung: Man überlege zwar noch, wie man reagiere, sagt der SP-Fraktionschef im Berner Grossen Rat, Stefan Jordi (50). Aber «ich kann mir vorstellen, dass wir per Vorstoss die gründliche Abklärung der Vorgänge rund um den Testabbruch einfordern». Und auch die Wiedereinführung der Massentests werde ein Thema sein.

Dass Schnegg die Schultests, aber auch die Kostenübernahme für die repetitiven Betriebstestungen gestoppt hat, erweckt auch den Unmut des Bundes. In den Augen von Alain Bersets (49, SP) Gesundheitsbeamten hintertreibt Schnegg die landesweiten Bemühungen zur Eindämmung der Pandemie. Äussern will man sich aber nicht dazu.

«Schnegg gibt Corona-Kritikern Auftrieb»

Statt dem Bund spricht aber der Berner Grossrat Jordi Klartext: Gerade in der Krise sei das Vertrauen in die Behörden besonders wichtig. Mit solchen Vorfällen werde dieses natürlich arg beschädigt. «Pierre Alain Schnegg verleiht den Schwurblern und Kritikern der Corona-Massnahmen mit solchem Handeln leider Auftrieb.»

Gleichzeitig betont der SP-Fraktionschef, dass Schnegg bislang in der Pandemie ja einen guten Job gemacht habe. «Wenn die Gesundheitsdirektion diese Tests aber im Wissen gestoppt haben sollte, dass die tatsächlichen Ansteckungszahlen in den Schulklassen viel höher sind und man dies verschwiegen hat, ist das ein regelrechter Skandal!», sagt Jordi.

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