Diese Verschärfungen drohen, falls Trendwende nicht klappt
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Bundesrat skizziert Massnahmen:Diese Verschärfungen drohen, falls Trendwende nicht klappt

Beizen zu, Veranstaltungsverbot, Fernunterricht
Diese Verschärfungen drohen, falls Trendwende nicht klappt

Die Chefin des Bundesamtes für Gesundheit weckt die leise Hoffnung, dass die Corona-Trendwende geschafft ist. Falls nicht, fasst Bundesrat Alain Berset bereits weitere nationale Verschärfungen ins Auge. Das zeigt ein vertrauliches Aussprachepapier.
Publiziert: 23.11.2020 um 06:29 Uhr
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Aktualisiert: 24.11.2020 um 23:41 Uhr
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Die Entwicklung der Corona-Fallzahlen – etwa bei den Hospitalisierungen – entscheidet über weitere politische Massnahmen.
Foto: keystone-sda.ch
Ruedi Studer

Die Chefin des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) weckt in der Corona-Krise leise Hoffnung. «Die Entwicklung stimmt mich vorsichtig optimistisch, es sieht nach einer Trendwende aus», sagt Anne Lévy (49) im SonntagsBlick. Um im nächsten Atemzug zu warnen: Gelinge es nicht, die Zahlen der Hospitalisierungen und der ­Todesfälle herunterzubringen, «braucht es Verschärfungen».

Wie diese genau aussehen sollen, in dieser Frage bleibt der Bund seit seinem letzten Massnahmenpaket von Ende Oktober vage. Man wolle die Entwicklung abwarten, mahnt SP-Gesundheitsminister Alain Berset (48) immer wieder. Dabei hat er bereits einen Plan, wo er ansetzen will, sollte die Schweiz die Trendwende doch nicht schaffen und die Zahlen in den nächsten Wochen wieder ansteigen.

Berset skizziert «nächste Etappen»

Das zeigt ein vertrauliches Aussprachepapier von Ende Oktober, welches BLICK vorliegt. Darin skizziert das Innendepartement die «nächsten Etappen und weiteren Schritte» auf nationaler Ebene, die «noch stärkere Eingriffe ins wirtschaftliche Gefüge» zur Folge hätten. Nämlich:

  • Restaurants schliessen. «Im Fall einer weiteren Verschärfung steht die Schliessung von Freizeit- und Sportbetrieben sowie der Restaurants im Vordergrund», heisst es im Papier. So wie es ab Montag im Kanton Basel-Stadt gilt. Von einer Schliessung sämtlicher Geschäfte ist aber noch keine Rede.
  • Veranstaltungsverbot. An öffentlichen Veranstaltungen sind derzeit maximal 50 Besucher erlaubt, an Privatfesten 10 Personen. Hier drohe «die Einschränkung oder gar ein Verbot der privaten und öffentlichen Veranstaltungen». Berset hat schon vor vier Wochen für eine 15er-Limite bei öffentlichen Veranstaltungen plädiert, drang damit aber nicht durch.
  • Schulschliessungen. Seit Anfang November gilt für Hochschulen Fernunterricht. Dieser soll allenfalls «auf den gesamten überobligatorischen Bereich» ausgedehnt werden. Von den Schulschliessungen wäre damit auch die Sekundarstufe II betroffen, also Gymnasien oder Berufsschulen. Im Kindergarten und in der Primarschule hingegen soll auf Fernunterricht «wenn möglich verzichtet werden».
  • Regionaler Durchgriff. Der Bundesrat hält sich auch die Option offen, örtlich beschränkt «weitergehende Massnahmen in einem Kanton oder einer Region» zu ergreifen – dann nämlich, wenn die Kantone nicht von sich aus handeln. «Aus heutiger Sicht drängen sich solche regionalen Massnahmen nicht auf», steht im Papier. «Es gilt aber, die weitere Entwicklung genau zu beobachten, weshalb regionale Massnahmen nicht ausgeschlossen werden können.» Dann dürfte insbesondere die Ostschweiz ins Visier geraten, welche mit relativ lockeren Massnahmen auffällt.
  • Ausserordentliche Lage. Am 19. Juni erfolgte die Rückkehr aus der «ausserordentlichen» in die «besondere Lage». Diese gibt dem Bundesrat noch immer viele Kompetenzen, auch wenn er nun die Kantone stärker einbeziehen muss. Je nach epidemiologischer Entwicklung «müsste erneut die ausserordentliche Lage ausgerufen werden», behält sich der Bundesrat vor.
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Gegen Besuchsverbote in Heimen

Das Aussprachepapier hält auch fest, auf welche Massnahmen verzichtet werden soll. Von einem schweizweiten Besuchsverbot in Alters- und Pflegeheimen hält das Innendepartement wenig. Ein solches sei ein zu starker Eingriff für die Bewohnerinnen und Bewohner.

Und: «Mit einer rigorosen Umsetzung der Schutzkonzepte sollte es möglich sein, Ansteckungen zu vermeiden.» Allerdings wird betont, dass hier die Kantone einen besseren Überblick hätten.

Lockerungsschritte angedacht

Im Papier sind auch bereits erste Lockerungsschritte angedacht. Die Voraussetzungen dafür: eine «deutliche Trendwende der epidemiologischen Entwicklung» mit klar abnehmenden Corona-Fallzahlen, genügend Test- und Tracing-Kapazitäten sowie ausreichende Spitalkapazitäten. Entscheidend sei, dass der sogenannte R-Wert, also der Weiterverbreitungsfaktor – wie viele Personen ein Erkrankter im Schnitt ansteckt –, unter 1 bleibe.

«Erste Massnahmen könnten den Sportbereich, die Kultur via eine Erhöhung der maximalen Anzahl Personen an öffentlichen Veranstaltungen oder die Sperrstunde betreffen», so der Vorschlag.

Jo-Jo-Effekt verhindern

Klar ist für das Innendepartement aber: «Ein Jo-Jo-Effekt soll möglichst verhindert werden, weshalb dem richtigen Masnahmenmix grosse Aufmerksamkeit gewidmet werden muss.»

Von der Bevölkerung ist damit über den Winter hinweg noch viel Geduld gefragt. So geht das Departement davon aus, dass «in den nächsten sechs Monaten» noch einige Elemente des bereits beschlossenen Massnahmenpakets in Kraft bleiben dürften.

Das betonte Berset letzten Freitag auch bei seinem Besuch im Tessin. «Weihnachten wird etwas anders als in den vergangenen Jahren», so der SP-Magistrat. «Wir müssen ein bisschen innovativ sein.»

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