So redet sich «Bananen-Müller» aus der Quittungs-Affäre
«Falsch verbucht – mein Fehler»

Der Kanton Bern sorgt einmal mehr für Aufsehen: Einzelne Regierungsmitglieder haben selbst Kleinstbeträge auf Spesen genommen – trotz eines mehr als anständigen Lohns. Nun spricht einer der betroffenen Regierungsräte von einem «Fehler».
Publiziert: 17.01.2024 um 17:44 Uhr
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Aktualisiert: 17.01.2024 um 20:24 Uhr
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Der Kanton Bern sorgt mal wieder für Schlagzeilen. Es geht um die Spesenabrechnungen der Kantonsregierung.
Foto: Shutterstock

Der Berner Sicherheitsdirektor Philippe Müller (60, FDP) ist auf einer Bananenschale ausgerutscht. Oder besser gesagt auf einer Banane. Trotz eines grosszügigen Lohns rechnete er auch mal ein Bio-Mehrkornbrötli für 95 Rappen und eine Banane für 20 Rappen ab. Ein Laugenbrezel mit Butter für 3.20 Franken ist in den Spesenabrechnungen ebenfalls zu finden.

Dazu muss man wissen: Zu ihrem Jahreslohn von 280'000 Franken erhalten die Berner Regierungsräte 8000 Franken Spesenpauschale, etwa für die Benützung des privaten Fahrzeugs oder Bekleidungskosten. Zusätzlich dürfen sie aber als eine der wenigen Kantonsregierungen auch einzelne Quittungen einreichen.

Spesen für Weinreserven

Aufgedeckt hat das die SRF-Sendung «Kassensturz». Die Redaktion hatte sich mithilfe des Öffentlichkeitsprinzips Einsicht in die Spesenabrechnungen des Berner Regierungsrats erkämpft – und gestaunt. Denn auch andere Berner Regierungsräte nutzen das Spesenreglement aus. Etwa für Apéro-Weinreserven und Geschenke. Oder Ausleihen, wie das Beispiel von SP-Wirtschaftsdirektor Christoph Ammann (54) zeigt: Für den Neujahresempfang des Bundespräsidenten 2019 genügte ihm die eigene Garderobe nicht. Er lieh sich beim Kostümfundus des Stadttheaters einen Edenhut und einen Schal «Crème Seide», für je 30 Franken Gebühr.

Blick hätte Müller gern zu seinen Spesenabrechnungen befragt – doch dieser wollte sich nicht äussern. Am Mittwochabend meldete er sich dann auf Twitter bzw. X zu Wort: Die beiden Brezel im Jahr 2018 und eine Banane im Jahr 2019 seien «falsch verbucht» worden: «mein Fehler», redet er sich raus. Und weiter: «Das Bild, das #Kassensturz abgibt, würde mich auch empören. Aber es ist ein falsches Bild.»

Falsch verbucht? Auch nach Müllers Aussage bleibt die Frage, warum solch eine Mini-Quittung überhaupt in der Buchhaltung landete.

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Bei anderen heisst es: Pauschale und fertig

Andere Kantone sind weniger grosszügig als Bern. So erhalten auch die Thurgauer Regierungsräte eine Spesenpauschale von 8000 Franken pro Jahr. Anders als bei ihren Berner Amtskollegen ist damit aber alles abgegolten, sie können keine weiteren Spesen geltend machen.

Ebenso im Kanton Aargau: Dort erhalten Regierungsrätinnen und Regierungsräte eine Spesenpauschale von 15'000 Franken jährlich. Der Landammann erhält dazu eine Zulage von 7500 Franken, der Landstatthalter eine von 3000 Franken. Mit dieser Spesenpauschale werden grundsätzlich alle beruflich bedingten Auslagen abgegolten, zusätzliche Spesen gibt es keine.

In Luzern beträgt die Spesenpauschale 12'000 Franken. Und damit ist alles ausser Auslandreisen und Einladungen von mehr als vier Personen abgegolten.

Graubünden weniger grosszügig

Das zeigt: Die Berner Spesenpauschale von 8000 Franken ist im kantonalen Vergleich eher tief. Im Kanton Genf etwa liegt die Pauschale gemäss SRF bei 34'000 Franken. Doch es geht auch deutlich drunter: In Graubünden erhalten die Mitglieder des Regierungsrats lediglich eine Pauschale von 2400 Franken. Darin sind sämtliche Kleinauslagen bis zur Höhe von 50 Franken pro Ereignis abgegolten. Allerdings können die Bündner Regierungsräte zusätzliche Spesen für Reisen, Verpflegung und Übernachtungen einreichen.

Freiburger Staatsräte erhalten fürstliche Spesen

Über fürstliche Spesen dürfen sich hingegen die Mitglieder des Freiburger Staatsrats freuen. Sie werden für Dienstauslagen mit jährlichen Pauschalspesen von 11'500 Franken entschädigt. Darin enthalten sind unter anderem der Kauf eines SBB-Abonnements, Dienstfahrten mit dem Privatauto oder Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb des Kantons.

Kleinstspesen gibt es bei Konzernen nicht

Klare Spesenregeln gelten für die bundesnahen Betriebe: Jedes Jahr setzt der Bundesrat die Bedingungen für die Entlöhnung von Verwaltungsräten und Konzernleitungen fest. Diese sind öffentlich und zeigen: Am Hungertuch müssen auch die Chefs von Post, SBB oder Skyguide nicht nagen.

Nehmen wir das Beispiel von Post-Chef Roberto Cirillo (52) aus dem Geschäftsjahr 2022. Bei einem Lohn von 783'000 Franken bezog er zusätzlich eine Spesenpauschale von 30'000 Franken. Bei den übrigen Konzernleitungsmitgliedern sind es knapp 20'000 Franken.

Damit nicht genug: Fallen Spesen höher als 100 Franken aus, können sie separat abgerechnet werden. Bei Verwaltungsräten gilt das bereits ab 50 Franken. Davon kann der landläufige Pöstler nur träumen. Ihm werden aber zumindest die Auslagen vergütet, die bei seiner Arbeit anfallen.

Ähnlich bei SBB-Boss Vincent Ducrot (61). Der Bahnkonzern will zwar keine Zahlen herausrücken, doch auch sie sind im Kaderlohnreport ersichtlich: Bei einem Lohn von knapp 720'000 Franken bezieht er zusätzlich Pauschalspesen von 25'200 Franken. Auch bei ihm gilt: Fallen Spesen höher als 100 Franken aus, können sie separat abgerechnet werden. Und ja, ein Gratis-GA bekommt er natürlich sowieso.

Die gleichen Regeln gelten bei Skyguide oder beim Rüstungskonzern Ruag, wo die Pauschalspesen der Geschäftsleitung mit 5813 Franken allerdings fast schon bescheiden erscheinen. Aber eben, dabei bleibt es ja meist nicht. Kleinstbeträge aber dürfen auch hier nicht als Spesen angegeben werden. Und die Einhaltung des Spesenreglements werde von mehreren Instanzen kontrolliert, versichert eine Sprecherin.

Bei der Swisscom erhalten Geschäftsleitung und Kader eine Pauschale, mit der Kleinausgaben bis 50 Franken abgegolten sind.

Zugeknöpfter zeigt sich die Privatwirtschaft. Konkrete Zahlen will etwa die Fluggesellschaft Swiss keine nennen. Klar ist: Mitglieder der Geschäftsleitung erhalten eine Spesenpauschale. Zusätzliche Spesen können ab einem Minimalbetrag von 50 Franken abgerechnet werden.

Und auch Coop schaut seinen Kadern bei den Spesen genau auf die Finger. Es gibt eine Pauschalentschädigung, womit ebenfalls alle Ausgaben bis 50 Franken abgegolten sind. Migros hat auf eine Anfrage bisher nicht reagiert. (dba/oco/pt/sf)

Klare Spesenregeln gelten für die bundesnahen Betriebe: Jedes Jahr setzt der Bundesrat die Bedingungen für die Entlöhnung von Verwaltungsräten und Konzernleitungen fest. Diese sind öffentlich und zeigen: Am Hungertuch müssen auch die Chefs von Post, SBB oder Skyguide nicht nagen.

Nehmen wir das Beispiel von Post-Chef Roberto Cirillo (52) aus dem Geschäftsjahr 2022. Bei einem Lohn von 783'000 Franken bezog er zusätzlich eine Spesenpauschale von 30'000 Franken. Bei den übrigen Konzernleitungsmitgliedern sind es knapp 20'000 Franken.

Damit nicht genug: Fallen Spesen höher als 100 Franken aus, können sie separat abgerechnet werden. Bei Verwaltungsräten gilt das bereits ab 50 Franken. Davon kann der landläufige Pöstler nur träumen. Ihm werden aber zumindest die Auslagen vergütet, die bei seiner Arbeit anfallen.

Ähnlich bei SBB-Boss Vincent Ducrot (61). Der Bahnkonzern will zwar keine Zahlen herausrücken, doch auch sie sind im Kaderlohnreport ersichtlich: Bei einem Lohn von knapp 720'000 Franken bezieht er zusätzlich Pauschalspesen von 25'200 Franken. Auch bei ihm gilt: Fallen Spesen höher als 100 Franken aus, können sie separat abgerechnet werden. Und ja, ein Gratis-GA bekommt er natürlich sowieso.

Die gleichen Regeln gelten bei Skyguide oder beim Rüstungskonzern Ruag, wo die Pauschalspesen der Geschäftsleitung mit 5813 Franken allerdings fast schon bescheiden erscheinen. Aber eben, dabei bleibt es ja meist nicht. Kleinstbeträge aber dürfen auch hier nicht als Spesen angegeben werden. Und die Einhaltung des Spesenreglements werde von mehreren Instanzen kontrolliert, versichert eine Sprecherin.

Bei der Swisscom erhalten Geschäftsleitung und Kader eine Pauschale, mit der Kleinausgaben bis 50 Franken abgegolten sind.

Zugeknöpfter zeigt sich die Privatwirtschaft. Konkrete Zahlen will etwa die Fluggesellschaft Swiss keine nennen. Klar ist: Mitglieder der Geschäftsleitung erhalten eine Spesenpauschale. Zusätzliche Spesen können ab einem Minimalbetrag von 50 Franken abgerechnet werden.

Und auch Coop schaut seinen Kadern bei den Spesen genau auf die Finger. Es gibt eine Pauschalentschädigung, womit ebenfalls alle Ausgaben bis 50 Franken abgegolten sind. Migros hat auf eine Anfrage bisher nicht reagiert. (dba/oco/pt/sf)

Zudem erhalten die Freiburger Regierungsmitglieder eine jährliche Repräsentationsentschädigung in der Höhe von 12'500 Franken. Diese Entschädigung deckt Kosten, die mit ihrem Repräsentationsamt verbunden sind, Mahlzeiten und weitere Dienstauslagen. Kurios: Auch in Zeiten der Gleichstellung erhalten Freiburger Staatsrätinnen eine zusätzliche Entschädigung von 1000 Franken. Macht nach Adam Riese alles in allem 24'000 beziehungsweise 25'000 Franken Spesen. Doch damit nicht genug. Die Freiburger Staatsräte können ausserdem weitere Kosten geltend machen, die über die Pauschalspesen hinausgehen.

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