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BAG-Vizedirektorin Nora Kronig im Interview
«Wir verzichten auf Impfstoff von Johnson & Johnson»

Fast 36 Millionen Impfdosen hat sich die Schweiz bis heute gesichert. BAG-Vizedirektorin Nora Kronig erklärt, weshalb die Schweiz trotzdem weiter mit Herstellern verhandelt – beim US-Konzern Johnson & Johnson aber nichts bestellt.
Publiziert: 10.03.2021 um 18:00 Uhr
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Aktualisiert: 23.03.2021 um 20:28 Uhr
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Der Johnson & Johnson-Impfstoff wird in der Schweiz nicht zum Einsatz kommen.
Foto: AFP
Interview: Pascal Tischhauser und Lea Hartmann

BLICK: Am Mittwochmorgen hat Bundesrat Alain Berset die gute Nachricht verkündet: Die Schweiz hat sich weitere 3 Millionen Impfdosen gesichert. Wie ist das gelungen?
Nora Kronig:
Nun, wir stehen laufend in Kontakt mit den Herstellern, sagen, was wir brauchen, und verhandeln. Dass wir einen weiteren Vertrag mit Pfizer/Biontech abschliessen konnten, freut uns natürlich sehr.

Die erste Million des zusätzlichen Impfstoffs soll ab April, die zweite Million ab Juli und die dritte ab September kommen. Warum brauchen wir Ende Jahr noch so viele Dosen, wenn bis Juni alle geimpft sein sollen?
Das hat zwei Gründe: Einerseits wollen wir vorbereitet sein, sollte auf Mutationen reagiert werden müssen. Das Gute an mRNA-Impfstoffen wie jenem von Pfizer/Biontech ist ja, dass sie vergleichsweise schnell angepasst werden können. Andererseits wissen wir noch nicht, wie lange der Impfschutz hält. Es könnte also Nachimpfungen brauchen. Dafür wappnen wir uns.

Wann rechnen Sie damit, dass Kinder und Jugendliche geimpft werden können?
Einen genauen Zeitpunkt kann ich noch nicht nennen, denn im Moment fehlen dazu noch die Daten. Die Sicherheit muss gewährleistet sein. Das gilt auch für die Frage, wann sich Schwangere ohne Risikoerkrankung impfen lassen können.

Die Impfstoff-Knappheit hängt auch damit zusammen, dass das Vakzin von Astrazeneca noch nicht zugelassen ist. Die halbe Welt impft damit, aber Swissmedic braucht noch Daten. Verstehen Sie das?
Die Sicherheit und die Wirksamkeit der Impfstoffe steht für uns im Zentrum. Jetzt sind neue Daten gekommen, auch von Studien in Schottland, und ich hoffe, dass der Zulassungsentscheid nun bald kommt. Denn wir sind aktuell froh um jeden wirksamen Impfstoff, den wir der Bevölkerung anbieten können.

Der Astrazeneca-Impfstoff soll weniger gut wirken als die mRNA-Impfstoffe. Wollen wir den überhaupt?
Unsere Impfstrategie hat zum Ziel, besonders gefährdete Personen zu schützen, die Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems sicherzustellen und die sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen der Pandemie möglichst gering zu halten. Wir schauen jeden Impfstoff an, ob er dabei helfen kann.

Beim Impfstoff von Johnson & Johnson wird die Zulassung in den nächsten Tagen erwartet. Warum hat sich die Schweiz diesen noch nicht gesichert?
Weil wir beschlossen haben, auf den Impfstoff von Johnson & Johnson zu verzichten. Denn die Lieferung kommt zu spät für uns: Sie wäre erst ab dem dritten Quartal möglich. Zudem setzen wir im Moment den Fokus auf mRNA-Impfstoffe, die eine höhere Wirksamkeit aufweisen – besonders für verletzliche Personen. Und sie können wie gesagt rasch angepasst werden.

Roche hat angekündigt, bis Ende Jahr eine Pille zur Behandlung von Corona auf den Markt zu bringen. Hat sich das BAG diese Pille auch schon gesichert?
Wir beobachten die Entwicklung solcher Medikamente. Erst wenn sich hier etwas konkretisieren sollte, können wir kommunizieren.

Das heisst, es laufen Gespräche?
Nein, das heisst, wir sind noch in der Stufe davor.

Die Menschen sehnen sich nach einer Rückkehr zur Normalität. Werden wir im Sommer nach der Arbeit auf dem Bau oder im Büro wieder in der Beiz ein Feierabendbier trinken können?
Ich bin optimistisch, dass das gelingen könnte. Aber ich möchte nicht spekulieren.

Das war jetzt die Antwort der Diplomatin Kronig. Aber was glauben Sie persönlich?
Es sieht gut aus, dass genügend Impfstoff da ist. Zudem sieht es aktuell danach aus, dass er Geimpfte auch vor einer Übertragung des Virus schützen könnte. Es kann aber zu neuen Entwicklungen kommen, die man nicht vorhersehen kann. Das Gute ist: Jede Pandemie kommt zu einem Ende. Die Frage ist nur, wann. Wir arbeiten Tag und Nacht, um alles zu tun, dass es so bald wie möglich geschieht.

Einige Kantone widersprechen Ihnen. Bis Juni alle zu impfen, werde man nicht schaffen.
Uns steht eine Herkulesaufgabe bevor. Eine solche Impfaktion, wie sie für das zweite Quartal vorgesehen ist, hat es in der Schweiz noch nie gegeben. Aber wir können das schaffen. Die Voraussetzungen dazu sind gut.

Sie werden im Mutterschaftsurlaub sein, wenn im Sommer – hoffentlich – das Impfziel erreicht ist. Ist schon klar, wer Ihren Job vorübergehend übernehmen wird?
Niemand ist unersetzbar. Wir sind so organisiert, dass auch ohne mich alles gut über die Bühne gehen wird. Und wir sind daran, das zu regeln.

Die Diplomatin

Nora Kronig Romero (40) führt die Arbeitsgruppe «Impfstoff Covid-19» beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), das die Impfstoffbeschaffung koordiniert. Die Wirtschaftswissenschaftlerin und ausgebildete Diplomatin wurde 2017 zur BAG-Vizedirektorin und Leiterin der Abteilung Internationales ernannt.

Nora Kronig Romero (40) führt die Arbeitsgruppe «Impfstoff Covid-19» beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), das die Impfstoffbeschaffung koordiniert. Die Wirtschaftswissenschaftlerin und ausgebildete Diplomatin wurde 2017 zur BAG-Vizedirektorin und Leiterin der Abteilung Internationales ernannt.

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