Drei Tage lang hat das Parlament einberaumt, um das Ende der Credit Suisse politisch zu besiegeln. Die Diskussion verlief am ersten Sessionstag emotional und dauerte bis spät in die Nacht.
Die zuständige Finanzministerin Karin Keller-Sutter (59) sagte in ihrem Statement im Ständerat, dass sie die Gemütslage des Parlaments gut nachvollziehen könne. «Ich habe Wut gehört, Frustration, teilweise Ratlosigkeit.» Sie habe dieselben Gefühle in den letzten Wochen erlebt, führte sie aus. «Meine Motivation war, Schaden von diesem Land abzuwenden.»
Der erste Sessionstag in fünf emotionalen Akten.
Ohnmacht
Am Dienstag ging es in beiden Räten grossteils um Symbolpolitik. Denn der Bundesrat hat die besprochenen Kredite für Bundesgarantien im Umfang von 109 Milliarden Franken bereits beschlossen. Die Räte können daran nicht mehr rütteln.
Trotzdem war im Parlament das Redebedürfnis gross. Mehrmals war die Rede davon, dass es unbefriedigend sei, dass der Bundesrat erneut zu Notrecht habe greifen müssen – und das Parlament damit nicht mehr viel zu sagen habe. Gleichzeitig warnte etwa der FDP-Präsident und Ständerat Thierry Burkart (47) vor zu grossen Erwartungen. «Gewisse Dinge können nämlich nie reguliert werden, dazu gehören: Anstand, Vertrauen und Demut.»
Wut
Die Wut der Parlamentarier bekam besonders die Teppichetage der CS zu spüren. Diese seien der «Gier nach mehr Gewinn verfallen und zu grosse Risiken eingegangen», kritisierte etwa der Mitte-Ständerat Peter Hegglin (62). Die Bankverantwortlichen hätten Risiken ausgeblendet und nichts aus der Vergangenheit gelernt.
SP-Ständerat Roberto Zanetti (68) sprach gar von «Bankstern» in Anlehnung an den Begriff Gangster. Er habe mehr Achtung vor einem «ordinären Bankräuber», denn «der nimmt doch ein beträchtlich höheres unternehmerisches Risiko in Kauf als all diese Klugscheisser der Bahnhofstrasse und der Wall Street», wütete er in der «Chambre de Réflexion». Die Banker hätten sich als «Besserwisser inszeniert und jetzt bereits zum zweiten Mal eine Bank an die Wand gefahren».
Auch SVP-Präsident Marco Chiesa (48) sprach mit einer Menge Wut im Bauch ins Mikrofon: «Basta», rief er in den Saal. Das Parlament müsse nun dafür sorgen, dass sich so etwas nicht wiederhole. Noch schwerwiegender als der Zerfall der traditionellen und repräsentativen Bank sei jedoch der Verlust des Vertrauens in die Schweiz, sagte Chiesa. «Die Schweiz als unerschütterlicher Hort der Stabilität und der Sicherheit schmilzt dahin wie Schnee in der Sonne.»
Enttäuschung
Der Untergang der CS sei eine «grosse, bitter-herbe Enttäuschung für die ganze Schweiz», kommentiert Mitte-Ständerätin Heidi Z'graggen (57) die Geschichte um die CS. Es habe aber nicht nur die Chefetage der Bank Schuld, sondern es sei eine Kumulation verschiedener einzelner Versäumnisse, die «zum Totalabsturz des Systems der Bank Credit Suisse» geführt habe.
Die gewählte Lösung sei kurzfristig und könne nicht noch ein zweites Mal auch für eine taumelnde UBS zum Einsatz kommen, warnte EVP-Präsidentin und Nationalrätin Lilian Studer (45). Es brauche nun eine Untersuchung, wie es so weit habe kommen können, tönte es aus dem Rat. Zudem forderten die enttäuschten Politikerinnen in ihren Voten, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Hoffnung
Auch wenn die negativen Gefühle und Voten deutlich im Rat überwogen: Zwischendurch blitzte auch ein Hoffnungsschimmer durch. Bundesrätin Karin Keller-Sutter machte im Ständerat noch einmal klar: «Wir haben am Schluss die gewählte Lösung als die unter den gegebenen Umständen beste betrachtet.»
Unterstützung erhielt die FDP-Magistratin unter anderem von ihrem Parteikollegen, dem Glarner Ständerat Thomas Hefti (63). Er habe Mühe damit, dass die gefundene Lösung «vielerorts umgehend schlechtgeredet wurde». Er hoffe, dass die «verordnete Behandlung greift», gerade für die Angestellten der CS. Stimme es, dass überall Fachkräfte fehlen und Personal gesucht werde, «besteht vielleicht doch ein Funke Hoffnung».
Und Hoffnung haben auch die Grünen. Sie wiederholten angesichts des CS-Debakels ihre Forderung nach der Entflechtung von Geschäfts- und Investmentbanken. «Ich hoffe, dass sich dieses Mal eine Mehrheit dafür ausspricht», sagte Grünen-Ständerätin Adèle Thorens Goumaz (51).