Europa ringt seit Jahren mit dem Thema Flüchtlinge. Und mit dem Ukraine-Krieg hat es sich noch verschärft. Eine Lösung aber ist noch immer nicht in Sicht. Per Motion fordert SVP-Präsident Marco Chiesa (48) «UNHCR-konforme Verfahrenszentren ausserhalb der Europäischen Union». Diese sollen Schleppern das Handwerk legen und verhindern, dass Asylsuchende jahrelang in Europa auf einen Entscheid über ihr Gesuch warten müssen.
Tönt im ersten Moment einigermassen einleuchtend. Doch wie realistisch und zielführend sind solche Zentren wirklich? Der ehemalige Chef des Staatssekretariats für Migration (SEM), Eduard Gnesa (70), hat grosse Zweifel.
Die Idee der Verfahrenszentren an Aussengrenzen
Die Forderung ist nicht neu – Dänemark hat bereits vor einigen Jahren versucht, illegal eingewanderte Flüchtlinge in Zentren ausserhalb der EU abzuschieben. Doch das Vorhaben wurde vorzeitig abgebrochen, weil es zu viele Hürden gab.
Und auch Grossbritannien hatte Pläne, illegale Einwanderer zu inhaftieren und umgehend in ein Asylzentrum im afrikanischen Ruanda auszuschaffen. Doch auch dieses Projekt scheint zu scheitern.
In Grossbritannien hat man bereits einen Deal mit der Regierung von Ruanda ausgehandelt. Dieser soll es den Engländern ermöglichen, illegal eingereiste Asylsuchende dorthin abschieben zu können. Sie bekämen dann dort eine Aufenthaltsbewilligung.
Doch wie diese Woche bekannt wurde, verstösst diese Praktik gegen geltendes Recht. Ein Gericht in London verbot die Abschiebungen. Grund dafür ist, dass der Staat Ruanda nicht garantieren kann, dass diese Menschen dann auch wirklich in Ruanda bleiben und sie dort sicher sind. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verurteilte das Vorgehen der Briten aufs Schärfste.
In Grossbritannien hat man bereits einen Deal mit der Regierung von Ruanda ausgehandelt. Dieser soll es den Engländern ermöglichen, illegal eingereiste Asylsuchende dorthin abschieben zu können. Sie bekämen dann dort eine Aufenthaltsbewilligung.
Doch wie diese Woche bekannt wurde, verstösst diese Praktik gegen geltendes Recht. Ein Gericht in London verbot die Abschiebungen. Grund dafür ist, dass der Staat Ruanda nicht garantieren kann, dass diese Menschen dann auch wirklich in Ruanda bleiben und sie dort sicher sind. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verurteilte das Vorgehen der Briten aufs Schärfste.
Eine Unmenge von Problemen
Es beginnt bei der Auswahl eines möglichen Standorts für solche Zentren. «Welche Länder sollen es sein? Wollen wir uns auf Staaten wie Libyen oder die Türkei verlassen, die jederzeit aussteigen können oder immer höhere Geldforderungen stellen?», fragt Gnesa.
Weiter ist es in solchen Ländern oft schwierig, die Einhaltung der Menschenrechte zu garantieren. «Zudem bräuchte es auch noch die innenpolitische Akzeptanz in jenen Ländern», so Gnesa weiter.
Und selbst wenn sich ein solcher Ort finden lassen würde. Das wohl grösste Problem ist, dass sich die europäischen Staaten auch nach Jahren nicht auf einen Verteil-Schlüssel für die Flüchtlinge einigen können. Es gibt nach wie vor viele Staaten, die sich kategorisch weigern, zumindest einen Teil der flüchtenden Menschen aufzunehmen.
Mehr zur Flüchtlingskrise
Hinzu kommen horrende Kosten. Dies zeigt eine Studie des britischen Innenministeriums. Demnach beliefen sich die Kosten, für die Rückführung und das Verfahren eines einzelnen Flüchtlings in Ruanda auf umgerechnet 200'000 Franken – und sind somit deutlich höher als bei herkömmlichen Verfahren. «Wenn schon juristische und menschenrechtliche Bedenken klar gegen diese Vorschläge sprechen, machen auch die hohen Kosten keinen Sinn», so Gnesa.
Die Expertenlösung
Laut dem Experten ist die einzige realistische Lösung die Aufnahme und Betreuung der Flüchtlinge in den Nachbarländern der jeweiligen Konfliktregion. Dafür gibt es aber laut Gnesa zwei Bedingungen: Das Einverständnis der jeweiligen Nachbarstaaten sowie eine viel grössere Unterstützung Europas und durch internationale Organisationen.
Doch gerade letztere bekunden seit der grossen Flüchtlingswelle 2015 massive finanzielle Probleme. Teilweise fehlen Hunderte Millionen von Franken. Dies ist laut Gnesa der Grund dafür, dass die Menschen in solch hohen Zahlen nach Europa kommen.
Weiter brauche es «Entwicklungsprojekte, mit dem Hauptziel, jungen Menschen eine Ausbildung zu ermöglichen und ihnen eine echte Lebensperspektive zu geben», so Gnesa weiter. Bis dahin aber bleibt eine Lösung der Krise in weiter Ferne. (shq)