Der Mann (45), der die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (45, SVP) im August 2021 mit Apfelschorle überschüttet hatte, ist am Dienstag vom Bezirksgericht Hinwil ZH verurteilt worden. Er kassiert eine bedingte Geldstrafe von 60 mal 115 Franken. Eine Busse muss der Schweizer nicht bezahlen.
Der Impfgegner gab vor Gericht zu, die Apfelschorleflasche zugedrückt und in Richtung von Regierungsrätin Natalie Rickli gespritzt zu haben. Er habe mit der Aktion ein Interview von Rickli anlässlich der Eröffnung des Impfbusses in Gossau ZH unterbrechen wollen. Dies, weil sie die Impfung als einziges Mittel gegen Covid bezeichnet habe.
Die Aussage, dass er auf Rickli gezielt hatte, wurde ihm zum Verhängnis. Der Hinwiler Richter wertete das Spritzen als Tätlichkeit. Seine Meinung könne er ausdrücken, aber «so geht das nicht», hielt ihm der Richter vor. Weil er Rickli bei einer Amtshandlung, in diesem Fall ein Interview, hinderte, gelte die Tätlichkeit als Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte.
Die Staatsanwaltschaft hatte den Angreifer wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, Sachbeschädigung und fahrlässiger Körperverletzung angeklagt. Von den beiden anderen Punkten sprach ihn das Gericht jedoch frei.
Wachsender Frust
Der Mann hatte während der Verhandlung gesagt, dass er Rickli sicher nicht ins Gesicht gezielt und keine Absicht gehabt habe, sie zu verletzen oder zu erschrecken. Es sei ihm aber bewusst, dass er den falschen Weg gewählt habe.
Weil er die Kinder, seine Liebsten und Angehörigen vor schädlichen Wirkungen der Impfung schützen wollte, habe er Rickli, das Bundesamt für Gesundheit und den Bundesrat angeschrieben, aber nie eine Antwort erhalten. Seine Anwältin bezeichnete den wachsenden Frust als Ursache für die «Kurzschlusshandlung», Rickli nannte sie eine «Impf-Hardlinerin».
Der Richter fragte, ob der Beschuldigte die Angst der Gesundheitsdirektorin nach der Attacke mit einer unbekannten Flüssigkeit nachvollziehen könne. «Ich kann mir schon vorstellen, dass man erschrickt», meinte der 45-Jährige.
Seine Anwältin verlangte einen Freispruch, unter anderem weil seine Verteidigungsrechte verletzt wurden. Zudem habe Rickli kurz nach der Attacke weiter Interviews geführt, ohne sichtbare Auswirkungen. Andere Politiker hätten nach Torten- oder Milchshake-Attacken auf Strafanträge verzichtet. An ihrem Mandanten solle wohl ein Exempel statuiert werden.
Strafbefehl nicht akzeptiert
Zum Prozess kam es, weil der Angeschuldigte einen Strafbefehl nicht akzeptieren wollte. Der Strafbefehl sah eine bedingte Geldstrafe von 90 mal 140 Franken und eine Busse über 2700 Franken vor.
Bei der Apfelschorle-Attacke in Gossau ZH blieb Rickli unverletzt. Gemäss Strafbefehl verspürte sie lediglich einen Juckreiz im Auge. Der Angreifer rannte weg, konnte aber von der Polizei gestoppt werden. Bei der Verhaftung wurde ein Polizist in Zivil verletzt. (SDA/lha)