Der mit dem Nahost-Konflikt in Europa neu aufgeflammte Antisemitismus ist für den Zürcher Sicherheitsdirektor und Regierungspräsidenten Mario Fehr (65, parteilos) «unerträglich». In der deutschen Stadt Essen hätten Demonstranten vor ein paar Tagen die Errichtung eines Kalifats gefordert. Frauen und Männer marschierten getrennt. Solche Leute seien eine Gefahr für die innere Sicherheit eines Landes, urteilt Fehr im Interview mit der «NZZ». «Deutschland sollte uns eine Lehre sein.» Solche Verhältnisse seien in der Schweiz zu verhindern.
Anti-Israel-Kundgebungen könnten rasch ausarten und seien schwer kontrollierbar, erklärt Fehr. Um das zu verhindern, scheut sich der Kantonsvertreter auch nicht, sich in die Zuständigkeit der Stadtzürcher Sicherheitsdirektorin Karin Rykart (51, Grüne) einzumischen: «Ich habe die zuständige städtische Sicherheitsvorsteherin mit Nachdruck darauf hingewiesen, in der derzeitigen, gefährlichen Lage keine weiteren Palästina-Demos zu bewilligen», sagte er.
«Gemeinden sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein»
«Die Gemeinden, die im Kanton Zürich für Demo-Bewilligungen zuständig sind, sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein», mahnt Fehr. Es habe nichts mit Meinungsfreiheit zu tun, wenn Hassparolen skandiert und Demonstrationen von Extremisten unterwandert würden, so der kantonale Sicherheitsdirektor. Gegen Mahnwachen und stille Anteilnahmen im öffentlichen Raum sei nichts einzuwenden.
Mehr zu den Folgen des Nahost-Konflikts in der Schweiz
Seine Aussagen tönen ähnlich wie jene seines Berner Amtskollegen Philippe Müller (FDP) nur einen Tag vorher. Beide Sicherheitsdirektoren schauten besorgt nach Deutschland. Es bestehe die Gefahr, dass Extremisten aus Deutschland oder anderen Ländern in die Schweiz kämen. «In deutschen Städten werden solche hasserfüllten Demonstrationen nun zu Recht nicht mehr bewilligt», betont Fehr.
Kundgebungs-Verbote sind umstritten
Schweizer Städte haben die Hoheit über Bewilligungen von Kundgebungen auf ihren Plätzen und Strassen. Die Stadt Bern bewilligt in der Innenstadt vorerst keine Grosskundgebungen und Umzüge mehr. Die Regelung gilt vom 17. November bis Weihnachten, wie die Stadtregierung am Mittwoch mitteilte.
In der Stadt Basel galt vergangenes Wochenende ein temporäres Kundgebungs-Verbot. Die Basler Justiz- und Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann (44, LDP) verteidigte dieses am Mittwoch mit der angespannten Lage im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt. Die Stadt Zürich hat laut Fehr für kommenden Samstag eine grosse Palästina-Kundgebung bewilligt. (dba/SDA)