Auf einen Blick
Auch die Einführung hat nichts geändert: Die OECD-Mindeststeuer für Unternehmen bleibt umstritten. Und das, obwohl die Schweiz einen möglichen Fehler umschifft und eben nicht die komplette dreistufige Steuerreform umgesetzt hat.
Seit Jahresbeginn werden international tätige Konzerne ab einem Umsatz von über 750 Millionen Euro einheitlich besteuert. Die Schweiz hat sich zudem auf eine internationale Ergänzungsbesteuerung ab 2025 festgelegt: Zahlt ein Schweizer Unternehmen im Ausland weniger als die 15-Prozent-Mindeststeuer, muss es diese Differenz in der Schweiz nachzahlen.
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Auf die dritte Stufe, die sogenannte Undertaxed Payments Rule (UTPR), verzichtet die Schweiz jedoch – sie ist dafür gedacht, die Schlupflöcher zwischen den ersten beiden Stufen zu schliessen. Der administrative Aufwand stünde allerdings aktuell wohl in keinem Verhältnis zu den zu erwarteten Zusatzeinnahmen und möglichen Nachteilen wie internationalen Konflikten, einem schlechteren Investitionsklima oder Wettbewerbsnachteilen.
Im Klartext: Der Verzicht auf die Mindestbesteuerung in der Schweiz hätte höchstens dazu geführt, dass eine allfällige Steuerdifferenz von einem anderen Staat eingestrichen wird. Die (verfrühte) Einführung der dritten Stufe wiederum hätte im schlimmsten Fall einen Verlust der Standortattraktivität zur Folge gehabt.
So weit, so gut. Trotzdem scheint die Steuerreform für die Wirtschaft ein Stiefkind zu bleiben. «Weg mit der OECD-Mindeststeuer!», so kommentierte auch die «Handelszeitung». Denn die zusätzlichen Steuereinnahmen durch die Multis führen schon jetzt zu einem interessanten Phänomen: dem Aufstieg der Subventionswirtschaft in der Schweiz.
Kantone locken mit Geld für Forschung, Klima und Kitas
Besonders die bisherigen Tiefsteuerkantone schwimmen im Geld, das sie nun aus Angst vor einem Verlust der Standortattraktivität offenbar mit vollen Händen wieder ausgeben. Um die betroffenen Grosskonzerne bei Laune zu halten, gibt es quer durchs Land plötzlich Zuschüsse für Forschung, Klimaschutz und Kinderkrippen, berichtete die NZZ kürzlich.
Der Blick in bereits publizierte Gesetzesbotschaften aus Nidwalden, Graubünden, Zug und Basel-Stadt zeigt, wie bisherige Tiefsteuerkantone um den Standort fürchten. Bis zu 200 Millionen Franken wollen sie je an die Unternehmen zurückgeben. Bei der Fördermassnahmen weit oben stehen Innovation, Klimaschutz und soziale Massnahmen. Unternehmen können Rückvergütungen erhalten, wenn sie zum Beispiel CO₂ einsparen oder mehr Elternzeit gewähren als gesetzlich vorgesehen.
«Es ist zu begrüssen, dass sich die Kantone mit dem Thema Direktförderung auseinandersetzen», sagt der Steuerexperte Frank Marty von Economiesuisse. Tatsächlich sei das von der OECD genau so provoziert und erwartet worden.
Förderung hat Grenzen
Die Schweiz bringt das allerdings in eine interessante Lage: Während andere Länder wie China, die USA oder auch Deutschland schon vorher eine Subventionskultur kannten, setzen sich die Schweizer Kantone nun das erste Mal damit auseinander. Und es gibt im internationalen Vergleich weiterhin einen wichtigen Unterschied: Wegen der Schuldenbremse wird die Schweiz auch weiterhin nicht die gleichen Möglichkeiten für Unternehmens-Zückerli haben wie zum Beispiel die USA.
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Dabei zeigt sich für Marty, wie richtig es ist, dass die Kantone drei Viertel der Mindeststeuereinnahmen behalten können. «Die Kantone, die viele internationale Firmen beherbergen, tragen eine besondere Verantwortung gegenüber der Schweiz. Unternehmenssteuern sind auch für den Bund sehr wichtig geworden.» Weil der Bund bei der Standortförderung nur beschränkte Möglichkeiten hat, müssen die Kantone umso aktiver sein.
Standort Schweiz bleibt konkurrenzfähig
Zudem kommen viele der Subventionen auch den jeweiligen Gemeinden zugute. «Wir sehen das zum Beispiel bei der Krippenförderung in Basel-Stadt und Zug», sagt Marty. Das demokratische und wirtschaftliche Spannungsfeld sorgten für eine gewisse Selbstregulierung: «Für die betroffenen Kantone wäre es zwar am effizientesten, das Geld möglichst gezielt wieder an Firmen auszuschütten, das lassen aber weder die OECD noch die Schweizer Demokratie zu. Wenn solche Vorschläge durch Vernehmlassungsprozesse und lokale Parlamente gehen, ist klar, dass auch für die kantonale Bevölkerung was abfallen muss.»
Also alles kein Problem? Auch international nicht? Das kann zum jetzigen Zeitpunkt wohl noch gar nicht beurteilt werden. Solange sich die OECD-Mindeststeuer international durchsetzt, sollte sich der Standortverlust für die Schweiz in Grenzen halten. Beim internationalen Subventions-Wettrüsten kann sie nicht mithalten. Aber wie nachhaltig dieses ist, ist ohnehin fraglich.