Auf einen Blick
- Rösti betont Notwendigkeit von Investitionen für funktionierendes Verkehrssystem
- Er warnt vor verlotterten Verhältnissen wie im Ausland
- Er verteidigt das Auto als Verkehrsmittel
Es wird eng für Albert Rösti (57). Gemäss neuen Umfragen droht der von ihm geplante Autobahn-Ausbau am Stimmvolk zu scheitern. Vor allem Frauen verweigern Rösti die Gefolgschaft. Wie macht sich der Bundesrat im Endspurt?
Ortstermin in Uster ZH: Am Mittwochabend hat Rösti seinen letzten öffentlichen Auftritt im Abstimmungskampf – für ihn wird es ein Heimspiel unter Gleichgesinnten. In der Mehrzweckhalle von Uster sind Männer über 60 in der Mehrheit. Die wenigen Frauen, die sich melden, zeigen sich von Staus genervt und wollen, dass Röstis Vorlage durchkommt.
«Wir brauchen Investitionen»
«Die Umfragen machen mich nicht nervös. Ich mache mir Sorgen um das funktionierende Verkehrssystem in der Schweiz», sagt der zuständige Minister im Gespräch mit Blick. Er hält es für einen Fehler, «dass wir 27 Milliarden in die Bahn investieren – und sich auf der Autobahn, auf den Nationalstrassen und in den Dörfern alles staut. Wir brauchen Investitionen sowohl bei der Bahn als auch auf der Strasse.»
Die Botschaft des Bundesrats, der zur SVP gehört: Staus ärgern alle, gefährden den Wohlstand und sind schlecht fürs Klima. «Mich nervt die ideologische Frontstellung zwischen bösem Auto und öffentlichem Verkehr. Ohne funktionierende Strassen geht es nicht.»
«Es gibt Länder, wo Brücken zusammenfallen»
Der ETH-Ingenieur Rösti sorgt sich auch um die Sicherheit der Schweiz. «Es gibt Länder im Ausland, wo Brücken zusammenfallen und wo die Infrastruktur verlottert. Wenn wir jetzt nicht investieren, haben wir in 30 Jahren Verhältnisse wie im Ausland und ein nicht funktionierendes Verkehrssystem.»
Meint Rösti Italien, wo 2018 in Genua eine Brücke zusammenbrach und 43 Menschen in den Tod riss? Meint der Magistrat Deutschland, wo Mitte September ein anderes Brückenbauwerk einstürzte – immerhin ohne Opfer zu fordern? «Ich nenne kein Land, aber es gibt verschiedene Beispiele, wo die Infrastruktur verlottert – bei der Strasse wie bei der Bahn. Es kann doch nicht sein, dass andere Länder aus finanziellen Gründen ihre Infrastruktur nicht flicken – und wir in der Schweiz, obwohl das Geld bereitgestellt ist und wir alles geplant haben, den Ausbau verhindern.»
«Mich empört, dass man das Auto als dreckig empfindet»
Aber vergleicht Rösti da nicht Äpfel mit Birnen? Die Schweiz ist von deutschen oder italienischen Verhältnissen weit entfernt – und am Sonntag in einer Woche wird nicht über Instandsetzungen abgestimmt, sondern über einen Ausbau. Rösti betont: «Ein nicht funktionierendes Verkehrssystem kommt schleichend. Wir brauchen laufend Investitionen.» Und er stört sich am Image des Strassenverkehrs: «Mich empört, dass man das Auto als dreckig empfindet und als nicht zukunftsgerichtet, obwohl man genau weiss, dass die Mobilität der Zukunft elektrisch ist oder auf synthetischen Treibstoffen basiert.»
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Am Ende des Abends in Uster gibt es eine Abstimmung. Der Moderator möchte wissen, wer für und wer gegen die Vorlage ist. Nur drei sind dagegen, den Rest hatte Rösti wohl schon vor der Veranstaltung überzeugt. Später werden Würste für alle serviert. Rösti fliegt nächste Woche zur Klimakonferenz in Baku (Aserbaidschan). Zum Abstimmungssonntag ist er wieder in der Schweiz – dann gehts auch für ihn um die Wurst.