AHV-Reform ab 2024
Für diese Frauen lohnt sich die Frühpensionierung

Was ist besser: bis 65 arbeiten oder mit 64 aufhören und eine kleinere Rente in Kauf nehmen? Wir zeigen die Optionen.
Publiziert: 23.11.2023 um 00:09 Uhr
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Aktualisiert: 23.11.2023 um 09:24 Uhr
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Ab kommendem Jahr tritt die AHV-Reform in Kraft.
Foto: Keystone
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Martin Müller
Beobachter

Der Volksentscheid war denkbar knapp: Nur gerade 50,6 Prozent der Stimmenden befürworteten vor gut einem Jahr die Erhöhung des Frauenrentenalters von 64 auf 65 Jahre, die Frauen stimmten gar mit 62 Prozent dagegen. Nun gilt der Entscheid, und zwar ab 2024. Dennoch müssen jetzt nicht einfach alle Frauen, die demnächst das Rentenalter erreichen, ein Jahr länger arbeiten. Damit die Reform überhaupt Erfolgschancen hatte, baute der Bundesrat Übergangsfristen ein. Sie gelten für alle Frauen mit den Jahrgängen 1961 bis 1969. Insgesamt drei Milliarden Franken hat der Bund für Kompensationsmassnahmen reserviert. Was heisst das für die Betroffenen ganz konkret?

Die Frauen der Übergangsgeneration, also mit Jahrgängen 1961 bis 1969, können wählen, ob sie bis 65 arbeiten wollen und dafür eine höhere AHV-Rente erhalten oder ob sie bereits mit 64 aufhören zu arbeiten und dafür eine Rentenkürzung in Kauf nehmen.

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Auswählen zu können, klingt immer gut – doch mit der Wahl kommt die Qual: Was ist besser für mich? Die schlechte Nachricht dazu: Es kommt auf den Einzelfall an, jede Frau muss für sich durchrechnen (oder durchrechnen lassen), was für sie die passende Lösung ist. Die gute Nachricht: Ganz allgemein lässt sich sagen, dass sich der Rentenvorbezug finanziell oft lohnt, auf jeden Fall bei tieferen Löhnen.

Um zu verstehen, warum das so ist, muss man einen Blick auf die Details der Massnahmen werfen. Zuallererst ist es wichtig, dass das Frauenrentenalter nicht auf einen Schlag erhöht wird. Sondern nur schrittweise, je nach Jahrgang um drei, sechs oder neun Monate (siehe Tabelle 1).

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Option A: Länger arbeiten

Frauen, die länger arbeiten als bis zum für sie gültigen Rentenalter bekommen einen lebenslangen Zuschlag auf die AHV-Rente. Wie hoch der ist, hängt vom durchschnittlichen Einkommen und vom Jahrgang ab. Je höher der Lohn, desto tiefer der Zuschlag. Und je älter, desto höher der Zuschlag.

Bei einem durchschnittlichen Jahreseinkommen bis 58’801 Franken beträgt der Rentenzuschlag 160 Franken pro Monat, für Löhne bis 73’500 Franken sind es noch 100 Franken, für noch höhere Durchschnittseinkommen liegt der Zuschlag bei 50 Franken. Aber: Nur die 1964 und 1965 geborenen Frauen erhalten den vollen Zuschlag, bis zum Jahrgang 1970 sinkt die Kompensation dann auf null (siehe Tabelle 2).

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Option B: Rentenkürzung in Kauf nehmen

Wer sich gegen das höhere Rentenalter entscheidet und wie gemäss der bisherigen Regel (mit 64 Jahren oder früher) in Pension geht, muss mit einer gekürzten AHV-Rente leben. Bei tieferen Einkommen wird weniger stark gekürzt als bei höheren (siehe Tabelle 3).

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Die Qual der Wahl – wie entscheiden?

Viele Zahlen, viele Variablen. Um die beste Lösung herauszufinden, muss man die Varianten durchrechnen. Doch die Zahlen sind nur das eine: Wer so rasch wie möglich mit Arbeiten aufhören will, ist vielleicht bereit, eine Rentenkürzung in Kauf zu nehmen. Wer hingegen gern zur Arbeit geht, hängt nach 64 noch ein paar Monate dran.

Doch die nackten Zahlen sprechen in vielen Fällen für eine frühere Rente und gegen das Weiterarbeiten. Das liegt an den milliardenschweren Zückerchen, die der Bundesrat für das höhere Rentenalter spendiert. So sind die Kürzungen für jene, die früher die AHV beziehen wollen, deutlich kleiner, als es mathematisch gerechtfertigt wäre (knapp 4 Prozent pro Jahr). Sie sind deutlich kleiner als für Männer, die mit 63 oder 64 in Rente gehen wollen. Und sie sind umso kleiner, je weniger die Frauen vorher verdient haben.

Ein Zahlenbeispiel

Eine heute 62-jährige Frau, die im November 1961 geboren wurde, müsste ordentlich drei Monate länger arbeiten, würde also am 1. März 2026 in Rente gehen. Wenn sie nun aber bereits per 1. März 2024 die AHV bezieht, wird ihre Rente «nur» um 2 Prozent gekürzt, sofern ihr durchschnittlicher Jahresverdienst (ab Alter 21 gerechnet) nicht über 58’800 Franken liegt. Einem Mann, der mit 63 statt mit 65 Jahren die AHV bezieht, wird die Rente lebenslang um 13,6 Prozent gekürzt. Selbst wenn die Frau im Beispiel besser verdient hat, sinkt die Rente um bloss 4,5 Prozent (bei einem Durchschnittsverdienst bis 73’500 Franken) respektive um 6,5 Prozent (bei einem Durchschnittslohn über 73’500 Franken).

Säule 3a: Zahlen Sie noch vor Jahresende ein

Oder in Zahlen ausgedrückt: Mit einem durchschnittlichen Einkommen von 58’800 Franken kommt die heute 62-jährige Frau auf eine ordentliche AHV-Rente von 2058 Franken, zusätzlich erhält sie einen Bonus von 40 Franken (25 Prozent von 160 Franken), weil sie als Angehörige der Übergangsgeneration bis zum neuen Pensionsalter arbeitet. Falls sie die AHV bereits ab 62 bezieht, wird die Rente um 2 Prozent gekürzt und beträgt 2017 Franken, also nur unwesentlich weniger.

Bei einer verbleibenden Lebenserwartung von 23 Jahren – so lange leben 65-jährige Frauen im Schnitt noch – fährt sie mit dem Vorbezug um fast 20’000 Franken besser als mit der ordentlichen Pensionierung. Das hat Vorsorgespezialist Andreas Zeller für die «NZZ am Sonntag» berechnet. Nicht berücksichtigt ist dabei der entgangene Lohn.

Fazit: Zwar belohnt die AHV-Revision die Frauen mit einem Zuschlag, wenn sie länger als bis 64 arbeiten. Aber weil die Kürzungen bei einer vorherigen Pensionierung so gering sind, fahren sie in der Regel besser damit. Anders ist es für Männer; für sie lohnt sich der Vorbezug meist nicht – ausser sie haben etwa wegen gravierender Gesundheitsprobleme nur noch eine kurze Lebenserwartung.

Schrittweise mit Arbeiten aufhören

Und wenn es trotz der relativ geringen Kürzung nicht reicht für eine vorzeitige Pensionierung? Dann kommt eventuell eine Teilpensionierung in Frage. Viele Pensionskassen kennen dieses Modell, bislang freiwillig. Neu müssen sie es von Gesetzes wegen anbieten. Ab 2024 können Männer wie Frauen auch die AHV teilweise beziehen statt nur ganz oder gar nicht. Zum Beispiel, indem man mit 63 das Pensum reduziert, von der AHV und der Pensionskasse eine Teilrente bezieht und dann mit 66 in Rente geht.

Eine Teilpensionierung funktioniert aber nur, wenn der Arbeitgeber dazu Hand bietet. Sprechen Sie frühzeitig mit ihm darüber. Versuchen Sie, ihn davon zu überzeugen, dass er so länger auf Ihr Know-how zurückgreifen kann, als wenn Sie sich frühpensionieren lassen.

Varianten berechnen lassen

Die Teilrenten von AHV und Pensionskasse zu berechnen, ist kompliziert. Lassen Sie sich von der AHV und von Ihrer Pensionskasse genau aufzeigen, welche finanziellen Folgen eine schrittweise Teilpensionierung hätte. Lassen Sie mehrere Varianten mit unterschiedlichen Beschäftigungsgraden und/oder unterschiedlichen Zeitpunkten der Pensenreduktion berechnen und entscheiden Sie erst, wenn Sie sicher sind, dass Sie die Konsequenzen verstanden haben.

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