Seit Beginn der Corona-Pandemie ist GLP-Nationalrat Martin Bäumle (57) selten ohne sein CO2-Messgerät anzutreffen. Denn das Coronavirus nutzt Aerosole – winzig kleine Tröpfchen in der Luft – zur Übertragung, und der CO2-Wert lässt Rückschlüsse auf deren Konzentration in der Luft zu.
Bäumle, der die entsprechenden Messgeräte auch vertreibt, wirft dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) schon länger vor, die Übertragung via Aerosole zu unterschätzen und zu lange ausser Acht gelassen zu haben. Neue Daten zur Luftqualität in Klassenzimmern haben dem Atmosphärenwissenschaftler nun endgültig den Hut gelupft.
Das BAG sei «faktisch zu Beginn einer der Treiber der Pandemie», tobte der Zürcher am Mittwoch auf Twitter, und monierte «multiple Fehlleistungen». Konkret warf dem Amt «Ignoranz» vor, was die Aerosole betrifft.
Gelöscht weil «zu hart formuliert»
Der Wutanfall hatte nur eine kurze Halbwertszeit: Schon bald nach Publikation verschwand der Tweet wieder von Bäumles Twitterprofil. «Ich habe den Tweet gelöscht, weil er etwas zu hart formuliert war», erklärte er auf Nachfrage von Blick.
Allerdings sei es klar, «dass das BAG die Übertragung via Aerosole endlich ernst nehmen muss», hält Bäumle fest. Dies gerade im Hinblick auf den nächsten Winter.
Dicke Luft im Klassenzimmer
Auslöser war ursprünglich ein Bericht im Konsumentenmagazin «K-Tipp», der die Luftqualität in Schulen unter die Lupe genommen hatte. Die Ergebnisse sind wenig erfreulich: In neun von zehn untersuchten Schulzimmern stieg der CO2-Anteil während einer Lektion deutlich über den Wert an, den das BAG für Klassenzimmer empfiehlt.
Das BAG hatte Aerosole als Faktor für Übertragungen lange ignoriert – auch nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) darauf hingewiesen hatte. Und in Schulen betonte man lieber regelmässiges Lüften als den Einsatz von CO2-Messgeräten. (gbl)