Der Bund gilt als fairer und grosszügiger Arbeitgeber. Doch nicht alle Mitarbeitenden sind zufrieden. Alle drei Jahre will der Bund von den Angestellten wissen, wie happy sie mit dem Job und den Chefs sind. Was die Arbeitnehmenden des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung aus Lausanne zurückmelden, muss zu denken geben.
Die Arbeitszufriedenheit ist tief. Von 100 möglichen Punkten erreicht das Institut, das beispielsweise Gutachten zu ausländischem Recht erstellt, von den Mitarbeitenden gerade einmal 50 Punkte. Noch schlimmer sind die Resultate bei der Führung: Dort holt das Institut bloss 39. Und der obersten Leitung geben die Mitarbeitenden nur noch 33 Punkte.
Acht Millionen Franken bezahlt der Bund dem Institut jährlich, rund 40 Personen arbeiten dort, wie die Eidgenössische Finanzkontrolle vor einem Jahr in einem Bericht festhielt. Darin kritisierte sie das Institut gleich mehrfach.
Ohne Chefin
Die schlechte Stimmung im Institut ist schon länger bekannt. Exemplarisch steht dafür ein E-Mail, über das der «Tages-Anzeiger» berichtete: Im September 2020 verschickte die Vizedirektorin versehentlich ein Mail an alle Mitarbeitenden. Dort schlug sie der Direktorin vor, eine Mitarbeiterin mit einer schlechten Note zu bestrafen, weil sie ein Plakat nicht nach ihren Wünschen gestaltet hatte. Die Zeitung berichtet weiter von schlechter Stimmung im Institut, Untersuchungen und Führungsproblemen.
Nun ist die Arbeitszufriedenheit im Vergleich zur vorherigen Untersuchung von vor drei Jahren noch weiter gesunken.
Dazu kommt: Schon seit einiger Zeit ist das Institut ohne Direktorin. Die frühere Chefin wurde im Herbst 2023 pensioniert. Aktuell wird das Institut interimistisch geführt. Ein Entscheid über die Besetzung des Chefpostens soll «voraussichtlich noch im ersten Quartal» fallen.
Erschwerend hinzu kommt: Im Institutsrat – dem direkten Aufsichtsgremium – kam es zu einer fast kompletten Neubesetzung. Per 1. Januar 2024 wurden sechs Mitglieder ernannt, zwei Mitglieder kamen 2023 wegen einer Ersatzwahl neu dazu. Nur der Präsident ist bereits seit 2020 dabei.
Justizdepartement weist Verantwortung von sich
Beim Justizdepartement von Beat Jans (59), wo das Institut für Rechtsvergleichung angeschlossen ist, weist man die Verantwortung für die schlechten Umfragewerte von sich. «Das Institut ist vom Departement unabhängig und selbstständig für die Personalzufriedenheit zuständig», sagt ein Sprecher.
Das Departement könne daher nicht direkt eingreifen. Auch bei der Wahl der neuen Direktion darf der Bundesrat nur den Vorschlag des Institutsrats abnicken. Den Prozess beschleunigen könne er nicht. Hingegen hat der Bundesrat erst kürzlich neue strategische Ziele für das Institut festgelegt. Die Regierung erwarte, dass das Institut eine Arbeitshaltung fördert, die auf Integrität und gegenseitiger Wertschätzung beruht.
Damit geht der Bundesrat weniger weit als bei den Bundesbetrieben, dennoch dürfte er nicht ganz aussen vor bleiben können, wenn seine Zielvorgaben bisher derart stark verfehlt werden.
Lukas Heckendorn Urscheler ist aktuell der stellvertretende Direktor des Instituts. Man habe schon nach der vergangenen Umfrage verschiedene Massnahmen getroffen, rechtfertigt er sich. Bis diese jedoch wirken, brauche es Zeit.
Man prüfe zudem, wie die Massnahmen besser verankert werden könnten, habe seit Herbst 2023 ein zusätzliches Projekt gestartet, das die Entscheidungsprozesse verbessere. «Dieses Projekt zielt direkt auf einen der Hauptkritikpunkte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab.» Zudem soll die Personalkommission wieder aktiviert und das Umfrageergebnis mit den Angestellten diskutiert werden. Heckendorn Urscheler verweist darauf, dass man in verschiedenen Bereichen auch gut bewertet wurde.
Auch Geheimdienst bekommt schlechte Noten
Das Institut für Rechtsvergleichung ist jedoch nicht die einzige Bundesstelle, bei der die Arbeitszufriedenheit tief ist. Der Nachrichtendienst des Bundes holt hier auch nur 58 Punkte und bei der Zufriedenheit mit der obersten Leitung des Geheimdiensts sind es bloss 35 Punkte. Man sehe diese Zahl mit «einer gewissen Besorgnis».
Die Befragung sei aber in einer Phase durchgeführt worden, in der ein «Transformationsprozess» in Erarbeitung war, was zu Verunsicherung bei den Mitarbeitenden geführt habe. Ab dem 1. März gibt es zudem eine neue Führung, für die sich bisherige Kaderleute neu bewerben müssen.
Auch bei der Direktion für Völkerrecht im Aussendepartement lag die Arbeitszufriedenheit bei nur 59 Punkten. Das Aussendepartement schreibt dazu, die Departemente seien angewiesen, die Resultate zu analysieren und entsprechende Massnahmen zu evaluieren und zu ergreifen.
Amherd und Rösti vorne
Betrachtet man den Durchschnitt über die verschiedenen Ämter und Departemente, zeigt sich, dass die Zufriedenheit im Vergleich zu vor drei Jahren gesunken ist. Das Aussendepartement von Ignazio Cassis (62) holt bei der Arbeitszufriedenheit neu 66 Punkte, 4 weniger als bei der vergangenen Befragung vor drei Jahren. Am zufriedensten sind die Beamten in Viola Amherds (61) Verteidigungsdepartement und bei Albert Röstis (56) Energie- und Umweltdepartement mit durchschnittlich 74 Punkten bei der Arbeitszufriedenheit.