Mami, Papi, Kind: Den Gegnern der Ehe für alle ist das traditionelle Familienmodell heilig. Mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und vor allem der Legalisierung der Samenspende für Lesben gefährde man das Kindswohl, ist das christlich-konservative Nein-Lager überzeugt.
Die Gegner stützen ihre Argumentation mit Verweisen auf die Bibel und die Verfassung. An einer Medienkonferenz liessen sie nun aber auch ausgewählte Ärzte und Pädagoginnen vor der Ehe für alle warnen. Einer der Redner ist kein unbeschriebenes Blatt: Christian Spaemann (64), Facharzt in Österreich für Psychiatrie und Psychotherapie, ist schon von der deutschen AfD eingespannt worden.
Er sprach sich für Homo-Heilungen aus
2019 schickte ihn die Rechtsaussen-Partei als Sachverständigen zu einer Expertenanhörung im deutschen Bundestag. Er vertrat dort unter anderem die Position, dass es sich bei Homo- oder Bisexualität um eine «der Heterosexualität nachgeordnete Sonderform sexuellen Verhaltens» handle. Zudem bagatellisierte er Diskriminierung und Gewalt gegen Personen wegen ihrer sexuellen Orientierung.
Spaemann hat zudem mindestens in der Vergangenheit Konversionstherapien für Schwule und Lesben angeboten. In einem Interview mit einer evangelikalen Zeitschrift behauptete er 2008, dass die «Möglichkeit der dauerhaften Veränderung der sexuellen Orientierung» inzwischen «wissenschaftlich mehrfach belegt» worden sei. «Ich selber habe Menschen kennengelernt, die homosexuell waren und inzwischen glückliche Familienväter geworden sind. Was die behauptete Schädlichkeit der Psychotherapie für Homosexuelle anbelangt, so sollte man hier sehr differenziert hinsehen», sagte er.
Verbot von Konversionstherapien steht zur Diskussion
Konversionstherapien sind inzwischen in mehreren Staaten verboten, darunter beispielsweise Deutschland und Brasilien. Weitere Länder – darunter auch Österreich, wo Spaemann praktiziert – bereiten Verbote vor. Auch in der Schweiz steht dies derzeit zur Diskussion.
Denn entgegen der Behauptung des von den Gegnern der Ehe für alle in Szene gesetzten Psychiaters gibt es laut der Assoziation Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (ASP) keine wissenschaftliche Evidenz, dass die sexuelle Orientierung durch Therapie verändert werden könnte. Aus ihrer Sicht handelt es sich bei Konversionstherapien um einen Missbrauch der therapeutischen Machtstellung. Seriöse Therapeutinnen und Therapeuten würden eine solche nicht anbieten, hielt die Vereinigung 2019 in einer Stellungnahme fest.
Der umstrittene Homo-Heiler vertrat an der Medienkonferenz des Nein-Komitees die Haltung, dass die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare «widersinnig» sei. Nur die Ehe zwischen Mann und Frau sei im Interesse des Allgemeinwohls, eine «speziell zu fördernde Lebensform» und diene als «Leitbild für die Jugend». Ähnliche Positionen vertraten mehrere christliche Adoptiv- und Pflegeeltern, die ebenfalls als Fachpersonen an der Medienkonferenz auftraten. Ebenfalls als Experte geladen war Timmy Frischknecht (25) – Präsident der Jungen EDU und Maschinenbau-Student. (lha)