Abstimmung vom September
Fünfer und Weggli für den Finanzplatz

Erneut stimmt die Schweiz über Steuererleichterungen ab. Es geht dabei auch um die Abschaffung der Umsatzabgabe bei inländischen Wertpapieren – obwohl es hier schon eine Befreiung von der Mehrwertsteuer gibt. Es geht um den Fünfer und das Weggli für den Finanzplatz.
Publiziert: 13.09.2022 um 18:14 Uhr
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Die Schweiz stimmt über die Verrechnungssteuer-Vorlage ab.
Foto: Zvg
Pascal Tischhauser

Am 13. Februar 2022 hat das Volk die Abschaffung der Stempelsteuer mit 62,6 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. Eine klare Mehrheit der Stimmbevölkerung wollte, dass Unternehmen bei der Aufnahme von Eigenkapital weiterhin eine Emissionsabgabe bezahlen.

Doch schon bald stimmt die Schweiz erneut über eine Steuervorlage ab, die Unternehmen entlasten soll: Am 25. September kommt die Abschaffung der Verrechnungssteuer auf Schweizer Obligationszinsen an die Urne.

Umstrittene Umsatzabgabe

Enthalten darin ist auch die Abschaffung der Abgabe bei Käufen und Verkäufen von inländischen Wertpapieren, der sogenannten Umsatzabgabe. Sie beträgt 1,5 Promille. Der Bund schätzt, dass ihm durch die Abschaffung der Umsatzabgabe Steuereinnahmen von 25 Millionen Franken jährlich verloren gehen würden.

Die Abgabe soll abgeschafft werden – obwohl Umsätze, die mit Wertpapieren erzielt werden, ohnehin schon steuerlich privilegiert sind: «Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Umsätze beim Handel mit Wertpapieren – um eine Überschneidung mit der Emissionsabgabe und der Umsatzabgabe zu vermeiden – von der Mehrwertsteuer ausgenommen sind», hielt der Bundesrat am 9. März 2001 höchstselbst fest.

Wortbruch Noser?

Auch Bürgerliche nahmen daran Anstoss. Beispielsweise störte sich FDP-Ständerat Ruedi Noser (61) Ende Januar in der NZZ daran – mitten im Abstimmungskampf zur Abschaffung der Stempelsteuer, die Mitte Februar scheiterte. In einem Streitgespräch erinnerte SP-Nationalrätin Tamara Funiciello (32) an einen Kompromiss, den die Linke in den 1990er Jahren mit den Bürgerlichen eingegangen war: «Die Stempelsteuer wird beibehalten, dafür wird der Finanzbranche die Mehrwertsteuer auf vielen Dienstleistungen erlassen. Diesen Deal will man nun aufbrechen», sagte die Genossin Ende Januar.

«Der besagte Kompromiss betraf lediglich den sogenannten Börsenstempel, mit dem Finanztransaktionen belastet werden, sowie die Stempelabgabe auf Versicherungsprämien», entgegnete FDP-Politiker Noser damals. Und er versprach: «Diese beiden Abgaben werden nicht abgeschafft. Kommt es einmal so weit, bin ich der Erste, der eine Unterstellung dieser Finanzdienstleistungen unter die Mehrwertsteuer fordert.»

Erklärungsversuch

Doch von seinen Versprechungen, sich als erster für die Unterstellung von Finanztransaktionen unter die Mehrwertsteuer stark zu machen, will der Zürcher heute nichts mehr wissen. Er erklärt: «Wir schaffen ja weder die Stempelabgabe auf Versicherungsprämien noch den Börsenstempel bei Finanztransaktionen, also die Umsatzabgabe, ab.»

Das Einzige, was man mache: «Wir holen mit der Abschaffung des Stempels auf Obligationen ein Geschäft in die Schweiz zurück, das wir heute gar nicht haben, weil es im Ausland stattfindet.» Somit gebe es nichts zu kompensieren. Und er warnt: Falls die Stimmbürger nein sagten zur Verrechnungssteuer-Vorlage werde die Wirtschaft reagieren. «Dann wandern ganze Finanzabteilungen mit zahlreichen Arbeitsplätzen ab.»

Salamitaktik der Bürgerlichen

Für SP-Wirtschaftspolitikerin Prisca Birrer-Heimo (63) schadet sich der Zürcher selbst: «Wer mit solch falschen Versprechen wie Ständerat Noser Abstimmungskampf betreibt, macht sich unglaubwürdig.» Sie bedauere sehr, dass Bürgerliche mit solch unlauterem Vorgehen versuchten, den ohnehin schon Privilegierten scheibchenweise weitere Vorteile zuzuschanzen.

Birrer-Heimo erinnert zudem daran, dass Verrechnungssteuer und Umsatzabgabe für Steuerehrlichkeit sorgen sollen. Fällt diese Sicherung weg, sieht der Bundesrat die Gefahr, dass der Steuerhinterziehung Tür und Tor geöffnet werden.

Lobby der Banken

Für SP-Nationalrätin ist es unverständlich, wie der zuständige Bundesrat Ueli Maurer (71) eine Vorlage mit derart gravierenden Nachteilen vorlegen und die bürgerliche Mehrheit diese durchwinken kann.

Birrer-Heimo erklärt sich das dadurch, dass das Lobbying der Banken- und Finanzindustrie in der Wirtschaftskommission massiv zugenommen habe. Ursprünglich hätte bei der Verrechnungssteuervorlage, die jetzt zur Abstimmung kommt, die Sicherung gestärkt und ein heute bereits bestehendes Steuerschlupfloch gestopft werden sollen. «Stattdessen wird nun ein neues Steuerschlupflöcher geschaffen», so die SPlerin. «Dem kann nun die Bevölkerung einen Riegel schieben.»

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