Gesundheitsminister Alain Berset (49) sieht keinen Grund, länger mit der Aufhebung von Corona-Massnahmen zuzuwarten. Nicht nur die Erwachsenen, auch die Kinder seien – sofern sie beziehungsweise deren Eltern das wollen – durch die Covid-Impfung geschützt, behauptete er in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF. «Alle Kinder, die sich doppelt impfen lassen wollen, sind geimpft», sagte der Bundesrat – und begründete damit seine Haltung, dass die Zeit für weitgehende Lockerungen gekommen ist.
Erst 5 Prozent haben zweite Dosis
Diese Aussage fliegt Berset nun um die Ohren. Denn sie stimmt nicht. Ein Blick aufs Covid-Dashboard des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zeigt: Gerade einmal knapp 2000 Kinder zwischen 5 und 11 Jahren sind doppelt geimpft – und das in der ganzen Schweiz! Das sind 0,31 Prozent aller Kinder dieser Altersklasse. 6,4 Prozent der Fünf- bis Elfjährigen haben erst eine Impfdosis erhalten.
Oder anders gerechnet: Erst fünf Prozent der Kinder, die eine erste Dosis erhalten haben, haben auch schon die zweite bekommen.
Mehr zu den Kinderimpfungen
Berset allerdings hielt trotz Widerspruch des SRF-Moderators an seiner Aussage fest. Fälle, in denen Kinder – auch wenn der Wille da ist – noch nicht vollständig geimpft sind, stellte er als Einzelfälle dar. Das sorgt bei einigen Eltern für Verstimmung.
Epidemiologe korrigiert Berset
Dazu gehört auch Epidemiologe Christian Althaus. Auf Twitter kritisiert er die Falschaussage Bersets und stellt sie den Fakten gegenüber. Wie er richtig festhält, können sich Kinder in den meisten Kantonen erst seit Anfang Jahr für die Impfung angemeldet werden. Zwischen erster und zweiter Impfung muss vier Wochen gewartet werden. «Es ist also schlichtweg noch nicht genug Zeit vergangen, um Kinder ab 5 Jahren doppelt zu impfen», so Althaus. Er macht deutlich, dass er Bersets Aussage unglücklich findet. «Klare Kommunikation ist in der Krise zentral», schreibt er.
Mehrere Väter und Mütter bestätigen in Rückmeldungen auf den Tweet, dass ihr Kind noch auf die Zweitimpfung wartet. Der Kanton Solothurn beispielsweise begann erst am 16. Januar mit den Kinderimpfungen – die ersten Zweitimpfungen finden also erst in gut zwei Wochen statt.
Berset räumt Fehler ein
Auf Nachfrage von Blick räumt Berset ein, etwas Falsches behauptet zu haben. «In der Tat» hätten viele der Kinder zwischen 5 und 11 Jahren erst eine Dosis erhalten, sagt er. Aber der Gesundheitsminister ergänzt: «Es ist davon auszugehen, dass die Kinder, deren Eltern sich um einen raschen Termin bemüht haben, bis zum nächsten grösseren Öffnungsschritt gänzlich geimpft sein werden.»
Ob das wirklich so ist, wird sich zeigen. Wie Blick berichtete, dürften schon Mitte Februar die meisten Massnahmen Geschichte sein. Wer sein Kind vor einer Ansteckung schützen möchte, muss sich je nachdem sputen.