440'000 Franken fürs Hotel, trotz Entwicklungshilfe aus der Schweiz!
Kongo-Delegation verprasste am WEF viel Geld – im Land grassiert Armut

Kongos WEF-Delegation um Präsident Félix Tshisekedi gab am WEF allein 440'000 Franken für Hotelübernachtungen aus. Die Schweiz überweist jährlich mehrere Millionen Franken an Entwicklungshilfe ins Land. Wie passt dies zusammen?
Publiziert: 11:19 Uhr
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Aktualisiert: 12:13 Uhr
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Am diesjährigen WEF gab die Delegation von Kongos Staatsoberhaupt Félix Tshisekedi beinahe eine halbe Million für Hotelzimmer aus.
Foto: AFP

Auf einen Blick

  • Kongos WEF-Delegation feiert Naturreservat trotz anhaltender Armut im Land
  • Präsident Tshisekedi und Gefolge nächtigten für 440'000 Franken in Bad Ragaz
  • Kongo erhält jährlich über 3 Milliarden Franken Entwicklungsgelder aus dem Ausland
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Die Demokratische Republik Kongo ist eines der ärmsten Länder der Welt. Das ehemalige belgische Kolonialgebiet, das seit 65 Jahren unabhängig ist, ist durch anhaltende Machtkämpfe weiterhin zerrissen – und wird durch Präsident Félix Tshisekedi (61) autoritär regiert. Auf dem Uno-Index der menschlichen Entwicklung liegt Kongo dementsprechend weit hinten – auf Platz 180 von 193 Ländern.

Am diesjährigen Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos GR spürte man wenig davon: Die Delegation unter Staatsoberhaupt Félix Tshisekedi feierte sich stattdessen vor den Wirtschaftseliten für ein neues Naturreservat. Der kongolesische Nationalpark soll durch einen grünen Korridor mit der Fläche «in der Grösse von Frankreich» erweitert werden.

Luxus-Hotel für Nationalpark-Präsentation

Dass seit 1996 sechs Millionen Einwohnerinnen und Einwohner dem weiterhin schwelenden, bewaffneten Konflikt im Ostkongo zum Opfer gefallen sind und ein grosser Teil des Nationalparks weiterhin umkämpft ist, bleibt eine Randnotiz.

Wie die «Weltwoche» publik machte, nächtigte die kongolesische Delegation während ihres Besuches in der Schweiz sechs Nächte im Quellenhof in Bad Ragaz SG. Kostenpunkt: sage und schreibe 440’000 Franken! Das macht über 73'000 Franken pro Nacht. Blick liegen die Unterlagen vor, die die Summe ausweisen. Auf Anfrage bestätigt das Hotel die Buchung von «mehreren Dutzend Zimmern».

Auch wenn die Übernachtungspreise in der Region um Davos GR während des WEF überdurchschnittlich hoch sind, ist die Summe auffällig. Selbst die Schweizer Delegation kam 2023 mit ihren WEF-Ausgaben in Bedrängnis: Über 116'000 Franken kostete damals die Übernachtung – gemäss Spesenreglement des Bundes viel zu viel.

Vor fünf Jahren prellte die kongolesische Delegation noch die Zeche

Tshisekedi und seine Gefolgsleute waren zudem vor fünf Jahren noch deutlich sparsamer unterwegs: In Arosa GR buchte die Delegation damals 30 Hotelzimmer für rund 14'000 Franken. Davon bezahlte sie letztlich jedoch nicht einmal ein Drittel: Die Hotelbetreiber blieben nach der Abreise auf insgesamt 10'000 Franken sitzen.

Was vor diesem Hintergrund verwundert: Die internationale Gemeinschaft unterstützt Kongo jährlich mit über 3 Milliarden Franken Entwicklungsgeldern. Alleine die Schweiz wendete letztes Jahr über 40 Millionen Franken für die Region auf. Und gerade diese Woche entschied sich der Bund aufgrund der anhaltenden humanitären Krise im Land für ein zusätzliches Notpaket über drei Millionen Franken.

Denn das Land verfügt trotz eines grossen Rohstoffschatzes nur über sehr beschränkte Infrastruktur und Staatsmittel. So tätigt die kongolesische Regierung etwa weiterhin die weltweit geringsten Gesundheitsausgaben pro Kopf. 2021 lagen sie bei knapp 20 Franken je Einwohnerin und Einwohner.

Die Republik wird unter anderem auch durch grassierende Korruption und systematische Veruntreuung öffentlicher Gelder zurückgehalten. Laut dem aktuellen Korruptionsindex der internationalen Organisation Transparency befindet sich der Kongo bei 180 ausgewerteten Ländern unter den 30 korruptesten.

Der Bund sieht seine Aufsichtspflichten erfüllt

Weshalb also nun die WEF-Delegation beinahe eine halbe Million Franken für eine Fünf-Sterne-Unterkunft ausgibt, lässt die kongolesische Botschaft in der Schweiz auf Anfrage von Blick unbeantwortet.

Und der Bund? Müsste es nicht untersucht werden, wenn sich Regierungen stark finanziell unterstützter Staaten so ausgabenfreudig zeigen? Das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) von Aussenminister Ignazio Cassis (63) teilt mit, dass es verschiedene Instrumente einsetze, um die ordnungsgemässe Verwendung der überwiesenen Mittel zu überwachen. «Die Schweiz verfügt im internationalen Vergleich über ein effizientes Risikomanagement», so das EDA.

Sowieso würde die Schweiz das Geld für die Entwicklungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe in Kongo keinesfalls an die Regierung oder Regierungsorganisationen überweisen. «Die Schweiz arbeitet direkt mit lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen sowie dem IKRK oder dem Welternährungsprogramm der UNO zusammen», teilt das EDA mit.

Zur Rekordbuchung der kongolesischen WEF-Equipe will sich das EDA aber nicht äussern – es kommentiere die Ausgaben ausländischer Delegationen nicht. «Zudem ist das EDA nicht der Organisator des WEF», hält das Departement fest.

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