Ich sag es ehrlich: Ich hab insgesamt vier Anläufe gebraucht, den Wiener «Tatort» zu schauen. Dreimal bin ich auf dem Sofa eingeschlafen, beim vierten Mal hab ich mich mit dem Laptop extra auf den unbequemsten Stuhl am Küchentisch gesetzt, damit ich nicht sofort wieder wegnückerle.
Dabei gehören doch die Bibi (Adele Neuhauser) und der Eisner (Harald Krassnitzer) zu meinen Lieblingen! Und eigentlich wäre auch die Story super: Eisners Schützling namens Azra, eine junge Frau, die er sozusagen von der Strasse geholt hat, wird in einen mafiaähnlichen Familienclan eingeschleust, dessen Oberhaupt sich langsam, aber sicher in den obersten Gesellschaftsschichten etabliert – und so droht unantastbar zu werden.
Eine Frau zwischen den Fronten
Die so für Eisner und Fellner gesammelten Informationen interessieren natürlich auch die Abteilung für Wirtschaftskriminalität brennend. Azra ist also per se schon in Gefahr. Und weil Eisner eine Art väterliche Schwäche für die junge Frau hat, unterstützt er im Alleingang nicht ganz saubere Aktionen der waghalsigen jungen Frau. Bis sie plötzlich verschwindet. Eisners Alleingang brockt ihm nicht nur Ärger mit seinem Vorgesetzten ein, er belastet auch seine Beziehung zu Bibi. Und er stellt ihn vor einen moralischen Konflikt: Soll er das tun, was moralisch richtig ist – oder das, was ihm das Gesetz vorgibt?
Wie er sich zum Schluss entscheidet, ist eigentlich aufgrund seiner vorherigen Handlungen inkonsequent. Und so verpasst es das in der Anlage gute Drehbuch nicht nur, einen Spannungsbogen aufzubauen, es ist auch in sich nicht ganz schlüssig.
«Tatort»: «Azra», Pfingstmontag, 20.05 Uhr, SRF 1
Wertung: Drei von fünf