Ein altes Ehepaar tanzt in seinem Haus einen letzten Tanz, trinkt einen Champagner mit aufgelösten Schlaftabletten drin und legt sich zum Sterben hin. So beginnt der heutige Kölner «Tatort» mit Ballauf und Schenk.
Zum Sterben schön ist auch die Inszenierung des Falls – ein Kränzchen gehört an dieser Stelle Theo Bierkens an der Kamera und dem Regisseur Torsten C. Fischer gewunden. Die inszenieren die ländliche Landschaft um Köln als Befindlichkeit der Seelen. Das beginnt beim leichten Rotstich, der verhindert, dass das Ganze in Blutleere kippt. Ansonsten herrscht überscharf-kalte, aufgeräumte, Edward-Hopper-artige, wunderschöne und beängstigende Ödnis. Kleine Nebenbemerkung: Wer jemals wie ich eine bessere Hälfte aus der Gegend hatte und der Familie besagter besserer Hälfte vorgestellt wurde, wen je das Gruseln gepackt hat angesichts uralter Tanten, die zweimal wöchentlich mit Knieschonern angetan ihren betonierten oder akkurat gepflasterten Vorgarten mit Domestos schrubben, wer so etwas nachvollziehen kann, der weiss, wovon ich rede.
Braunkohleabbau zerstört ein Dorf – und Gier zerstört ein Leben
Doch weg von Domestos, hin zur deutschen Domestizität. Dem bröckelt in diesem Fall im wahrsten Sinn der Boden unter den Füssen weg: Das Dorf, in dem der Fall spielt, ist vom Braunkohleabbau betroffen und soll zunächst abgebrochen werden, dann doch nicht. Da haben die meisten schon aufgegeben und sind weggezogen. In diesem Geisterdorf liegt der ehemalige Dorfdoktor erschlagen in seinem Haus. Ballauf und Schenk merken bald: Viele der Weggezogenen, aber auch die wenigen, die geblieben sind – sie alle haben einen Grund, dem Doktor den Tod an den Hals zu wünschen.
Tatort: «Abbruchkante», SRF 1, 20.05 Uhr
Wertung: Viereinhalb von fünf
Krimikolumne von Silvia Tschui
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