Vergesst aufflackernde Animositäten zwischen Batic und Leitmayr, vergesst weitgehend Kamera und Regie, vergesst auch den «Fall» und sämtliche Nebenfiguren. Das alles ist im heutigen Münchner «Tatort» nur Grundlage, ein Nährboden, auf dem Schauspieler Burghart Klaussner (73) eine Performance abliefert, die schwer auszuhalten und dennoch brillant ist.
Er spielt den renitenten Pensionär Hackl – und wir alle kennen oder wissen von einem «Hackl». Er ist der Mann, der lauthals im Tram über Ausländer schimpft. Er ist die keifende Nachbarin, die hinter dem Türspion lauert und darauf wartet, dass jemand etwas falsch macht – zu laut durch das Treppenhaus gehen etwa. Er ist der Wutbürger schlechthin und hat keinerlei Hemmungen, negativ aufzufallen oder jemandem zuleide zu werken, der ihm nicht passt.
Renitenz aus Gründen
Und so ist auch schnell klar, wer einen Motorradfahrer mit einem verbotenen Laser derart geblendet hat, dass er in voller Fahrt zu Tode gefallen ist. Natürlich das Ekel Hackl. Wen sonst könnte es so nerven, dass dieser an einem Abend insgesamt fünfmal durch den Wohnblock brettert? Doch Hackl lässt sich nicht einfach so festnehmen – und löst eine landesweite Fahndung aus.
Während Batic und Leitmayr gleich mehrfach auf dem Holzweg sind, wird Hackls Lage immer prekärer. Und bei all seiner mühsamen Renitenz wird auch dem letzten Zuschauer klar: Unsere Gesellschaft ist manchmal und insbesondere für einige, die nicht ganz so gut hereinpassen, zu laut, zu ungehobelt, zu dreckig und zu roh, um sich darin zurechtzufinden. Fazit dieses tieftraurigen «Tatorts»: Seid lieb zueinander.
«Tatort: Hackl», SRF 1, 20.05 Uhr
Wertung: Fünf von fünf für Burghart Klaussner